Gegründet auf Silber

Deutschlands älteste Technische Hochschule, die Bergakademie in Freiberg, wird 250

  • Hendrik Lasch, Freiberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Rohstoffkreisläufe vom Abbau bis zum Recycling sind das Metier der Bergakademie Freiberg - und zwar bereits seit ihrer Gründung vor 250 Jahren. Diese soll im kommenden Jahr groß gefeiert werden.

An der Bergakademie in Freiberg wird Lehrstoff in konzentrierter Form verabreicht. Er habe acht Monate in der sächsischen Bergstadt studiert, erinnert sich Alexander von Humboldt, und dabei so viel gelernt wie andernorts in drei Jahren. Das Wissen taugte zudem für die Praxis: Humboldt entwickelte einen »Lichterhaltungsapparat«, der Bergleuten bei Unglücken helfen sollte. Das Gerät, das äußerlich an einen Einwecktopf erinnert, rettete seinen Erfinder selbst einmal aus gefährlicher Lage.

Ab März 2015 soll der Apparat in einem neuen Historicum ausgestellt werden. Anlass für dessen Eröffnung ist ein Jubiläum: Die Bergakademie wird 250 Jahre alt. Verglichen mit Universitäten wie der in Leipzig, die auf eine mehr als 600-jährige Geschichte zurückblicken, scheint das wenig; dennoch ist die Freiberger Einrichtung mit dem Gründungsjahr 1765 »die älteste technische Hochschule im deutschsprachigen Raum«, wie ihr Rektor Bernd Meyer stolz betont.

Ins Leben gerufen wurde die Lehreinrichtung, weil in dem vom Siebenjährigen Krieg verwüsteten Sachsen dringend Fachleute für das Berg- und Hüttenwesen benötigt wurden. Zunächst wurden sie von Beamten des Oberbergamtes ausgebildet, und zwar während ihrer Arbeitszeit. Die Vorgesetzten sahen das nicht gern; es entstand die Idee, den Lehrbetrieb in eine eigene Anstalt auszulagern.

Dem Gesuch gab der damalige Prinzregent Xaver am 21. November 1765 seine schriftliche Zustimmung. Der Tag gilt heute als offizielles Gründungsdatum. Zu Pfingsten 1766 fanden erste Veranstaltungen statt. Zunächst 19 Studenten wurden in fünf Fächern unterrichtet.

Heute sind gut 5500 Studenten in Freiberg eingeschrieben - in einer Einrichtung, die sich selbst als »Ressourcenuniversität« bezeichnet. Forschung und Lehre drehen sich um den »effizienten Umgang mit Rohstoffen und Energieträgern«, sagt Rektor Meyer. Derlei Themen standen bereits vor einem Vierteljahrtausend im Mittelpunkt. Damals wurde rund um Freiberg noch Silber gefunden: »Das ist unser Gründungselement«, sagt Meyer. Allerdings wurde damals bereits das Holz für den Bergbau knapp. Heute sucht man in Freiberg nach Möglichkeiten, Energie einzusparen oder Erz aus Halden zu gewinnen. »Wir arbeiten nicht nur an einer Energie-, sondern auch an einer Ressourcenwende«, sagt Meyer, der die Bergakademie gut gewappnet sieht: »Das Profil trägt uns weitere 250 Jahre.«

Gegenwärtig sorgen die Forschungsschwerpunkte für rege Nachfrage in der Industrie. Freiberg gilt als die Technische Universität in Ostdeutschland, die am meisten Drittmittel erhält. Zudem trägt die Bergakademie im Erzgebirge dazu bei, dass Firmen in die Region kommen, darunter der Photovoltaik-Hersteller Solarworld. »Wir suchen die Nähe zu Lehre und Forschung«, sagt Manager Mario Behrendt: »Die Bergakademie war ein ganz entscheidender Faktor für unsere Ansiedlung.« Andere Unternehmen entschieden sich ähnlich. Die TU, sagt deshalb Oberbürgermeister Bernd Erwin Schramm, »ist das den Herzschlag unserer Stadt bestimmende Element«.

Die Idee einer Hochschule, die sich auf Stoffkreisläufe und Rohstoffwirtschaft konzentriert, fand auch andernorts Nachahmer. Bereits im Jahr 1773 wurde nach Freiberger Vorbild eine Lehrstätte in Sankt Petersburg gegründet. In die russische Stadt an der Newa bestehen auch heute engste Beziehungen; in diesem Jahr wurde in Freiberg ein »Lomonossow-Haus« als Begegnungszentrum für deutsche und russische Wissenschaftler eröffnet.

Auch in Japan und Großbritannien gründeten sich Hochschulen nach Freiberger Vorbild. Derzeit laufen die Vorbereitungen für ein Ressourceninstitut in der mongolischen Hauptstadt Ulan-Bator. Auch für diese Einrichtung stand das vor 250 Jahren in Freiberg entwickelte Konzept Pate.

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