Wachsende Wut auf Pegida

Breites Bündnis in Dresden stellt sich den fremdenfeindlichen Protesten entgegen

Erstmals formiert sich ein massiver Protest gegen die Dresdner Pegida-Aufzüge. Noch fehlt aber ein Konzept, wie den Rechtspopulisten der Wind aus den Segeln genommen werden kann.

Eine Masse von rund 10 000 Pegida-Demonstranten stand am Montagabend dicht beisammen. Sie war still, aber dennoch aggressiv, eine Feindseligkeit war zu spüren. So schildern Augenzeugen die Stimmung der Kundgebung der »Patriotischen Bürger gegen eine Islamisierung des Abendlandes«. Aber auch Gegner dieser wöchentlichen fremdenfeindlichen Proteste versammelten sich erstmals gemeinsam in der Dresdner Innenstadt zu einem Sternmarsch unter dem Motto »Dresden für alle«. Sie setzten sich für eine weltoffene Stadt ein. Bei den sechs Demonstrationszügen zählte die Polizei rund 9000 Teilnehmer.

»Dresden kann auch bunt sein«, freute sich Rico Gebhardt, Fraktionschef der LINKEN im sächsischen Landtag, gegenüber »nd«. Der Sternmarsch sei keine autonome Antifa-Demo gewesen. »Auch Familien mit Kindern und ältere Menschen haben daran teilgenommen«, so Gebhardt. Selbst die CDU rief zu dem Sternmarsch auf und stellte ihre Vorbehalte gegenüber der linksradikalen Initiative »Dresden Nazifrei« zurück. Eingetrübt ist Gebhardts Freude über das Dresdner Bündnis aber doch, und zwar ob des unveränderten Zulaufs der Pegida-Proteste.

Die rechtspopulistischen Veranstalter mobilisierten am Montag noch einmal deutlich mehr Menschen als in der Woche zuvor. Gleichwohl sie erstmals lediglich eine Kundgebung abhielten und nicht marschierten.

Für Gebhardt ist der allwöchentliche Protest Ausdruck eines allgemeinen Rechtstrends in Sachsen. Bereits bei der Landtagswahl am 31. August zog die rechtspopulistische AfD ins Parlament ein, die zuletzt häufiger Verständnis für die Pegida-Demonstrationen gezeigt hat. »Menschen, die zu den Aufmärschen gehen, fühlen sich dadurch natürlich parlamentarisch abgesichert«, beklagte der LINKEN-Politiker.

Christian Avenarius, SPD-Vorsitzender in Dresden, setzt in der Bekämpfung von Pegida nicht nur auf breite öffentliche Proteste. »Wir sollten jetzt in keinen Wettbewerb verfallen, wer mehr Leute auf die Straße kriegt. Das löst die Probleme nicht.«

Die Ängste der Menschen müssten ernst genehmen werden, bekräftigte Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) dem MDR. Man habe deshalb in den vergangenen Wochen wiederholt auf Veranstaltungen über die steigenden Flüchtlingszahlen informiert. Die Stadt stehe für einen Dialog. Sie habe aber den Eindruck, dass diese Vorschläge nicht bei der Masse der Mitlaufenden ankämen. »Wir erreichen die Menschen nicht«, gestand Orosz ein.

In der Bundespolitik mehren sich die Sorgen über die anhaltenden Pegida-Proteste. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach warnte davor, sich nicht »für extreme politische Ziele instrumentalisieren zu lassen, die man selbst nicht teilt.« Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) rief alle politischen Parteien dazu auf, sich von den Demonstrationen zu distanzieren.

Avenarius tritt wie Dresdens Oberbürgermeisterin dafür ein, den Vorbehalten von Bürgern gegenüber Fremden zwar Beachtung zu schenken. Aber er weist auch darauf hin, dass es eine Islamisierung in Deutschland ebenso wenig gebe, wie eine steigende Kriminalität in der unmittelbaren Umgebung von Flüchtlingsheimen. Den Forderungen von Pegida nachzugeben, hält er für falsch. Natürlich müssten neue Unterkünfte für Asylbewerber eingerichtet werden, weil Deutschland 2014 deutlich mehr Flüchtlinge als im Vorjahr aufnimmt.

Fremdenfeindliche Demonstrationen nach dem Vorbild von Pegida in Dresden fanden am Montagabend auch in anderen Städten statt. In Kassel zogen rund 80 Rechtspopulisten durch die Straßen und standen einer Übermacht von rund 500 Gegendemonstranten gegenüber. In Düsseldorf versammelten sich rund 450 Menschen, um unter dem Banner von »Dügida - Düsseldorf gegen die Islamisierung des Abendlandes« zum Landtag zu marschieren. Auch hier gab es deutlich mehr Gegendemonstranten, die sich den Rechten bei Schneeregen entgegenstellten. Die Polizei schätzte rund 750 Teilnehmer, linke Veranstalter sprechen von mehr als 1000 Menschen, die sich ihren Kundgebungen anschlossen.

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