nd-aktuell.de / 11.12.2014 / Politik / Seite 14

Mit der Axt zur Betriebsweihnacht

Bei Thüringenforst kann man bereits vielerorts seinen herbizidfreien Christbaum selbst schlagen

Harald Lachmann
Eventmanger bieten inzwischen Weihnachtsfeiern mit kollektivem Bäumchenfällen direkt im heimischen Forst an. Manches Revier, etwa in Südthüringen, ist bereits gut darauf vorbereitet.

»Wow! Das ist es!« Axel Müller wirkt begeistert. Erst sprang unweit des Weges am hellerlichten Tag Damwild ins urige Unterholz und kurz darauf sieht er nun auch das eigentliche Ziel seines heutigen Waldausfluges: Eine ganze Plantage properer Baufichten. Revierförster Uwe Trauboth, der den Geschäftsführer der Sonneberger Outdoor Inn GmbH in seinem Geländewagen kutschiert, muss gar nichts weiter erzählen. Das Bild, das sich Müller und dessen Begleiterin bietet, spricht für sich.

Die Frau, die einen Metall verarbeitenden Betrieb aus Südthüringen vertritt, suchte für die diesjährige Betriebsweihnachtsfeier »mal etwas anderes als die üblichen dreistündigen Endlosessen«. So wandte sie sich an Müllers Firma, ein Spezialist für Firmenevents der etwas anderen Art - etwa kollektivem Weihnachtsbaumsägen. »Gemeinsam raus in die Natur«, schwärmt sie, »Glühwein, Bratwurst und Stollen am wärmenden Feuerkorb - und anschließend darf sich noch jeder seine eigene Fichte schlagen!«

Noch eine Begutachtung zur Befahrbarkeit der Wege, Ausschau nach einem geeigneten Picknickplatz im Tann sowie Absprachen darüber, dass sich der Outdoor-Mann um Sägen, Äxte und Handschuhe kümmert, während der Förster ein Netzgerät zum Verpacken der Bäume stellt: Schon ist sich das Trio einig.

Ob alle 270 Kollegen jener Firma teilnehmen werden, ist noch nicht klar. Dennoch freut sich Trauboth über die geplante Aktion. Denn als er 2005 ins Revier Kreuzstein wechselte, habe er in punkto Weihnachtsbäume »praktisch bei null angefangen«, erzählt er. Auf einer Fläche unter einer Hochleitungstrasse bei Dorndorf legte er damals eine kleine Plantage für Weihnachtsbäume an. 2013 waren die ersten der rund 10 000 Blaufichten einschlagreif. Im Schnitt messen sie nun zwischen 1,50 bis zwei Meter. Viel höher dürfe es wegen der Leitungen darüber auch nicht gehen, erzählt er.

Noch wäre das alles »wirtschaftlich nicht der große Bringer«, räumt der Förster ein, doch die Nachfrage im Vorjahr habe schon Mut gemacht. Unterm Strich erbringe dieses Segment dem staatlichen Forstbetrieb inzwischen aber eine »schwarze Null«. Die Zahl der Leute, die mit Kindern oder Enkeln in den nahen Wald zieht, um hier den Baum lieber selbst zu schlagen, als im Baumarkt zwischen dänischen Exporten zu wühlen, wachse sichtlich, registriert Trauboth. So sind denn alle Forstämter von Thüringenforst inzwischen angehalten, in ihrem Bereich solche Selbstfäll-Aktionen für das Umland zu organisieren. Bei Lagerfeuerfeeling gibt es dazu Glühwein und Gebrutzeltes, nur Sägen oder Äxte müsse man selbst mitbringen.

Bevorzugt zwei Gruppen begrüßen die Forstleute dann: Firmenteams beziehungsweise Familien, denen es um das gemeinschaftliche Erlebnis geht, sowie Ökofreaks. Denn heimische Bäumchen sind diesbezüglich konkurrenzlos. »Wir düngen nicht, spritzen keine Herbizide, nehmen keinen künstlichen Formschnitt vor und fahren sie vor allem nicht Hunderte Kilometer durch die Welt«, versichert Trauboth. Das werde »zunehmend honoriert«. Wer bei ihm seinen Baum schneide, bekomme ihn eben so, wie ihn die Natur wachsen ließ, zudem wirklich einschlagfrisch. Und: Auch die Preise, die von Baumart zu Baumart zwischen zehn und 15 Euro pendeln, sind marktfähig.