Wadenwickel bei Lungenentzündung

Silvia Ottow über das geplante Gesetz gegen Ärztekorruption

  • Lesedauer: 1 Min.

Zwei Drittel aller ärztlichen Fortbildungen werden von der Industrie veranstaltet, alle Beteiligten wissen, was das für Konsequenzen hat. Der nette Ausflug nach Orlando, Basel oder Heilbronn ist das eine; die Verordnung einer bestimmten Arznei oder Heilmethode das andere. Dem gleichen Zweck dienen Tausende von Pharmaberatern, die beim Besuch in der Arztpraxis mit Musterköfferchen und Barem winken - denn nach wie vor gibt es für zweifelhafte Anwendungsbeobachtungen Geld aufs Konto.

Seit Jahrzehnten appellieren Kritiker an die Politik, diesem Treiben ein Ende zu machen, indem sie Ärztekorruption zum Straftatbestand erheben. Wenn damit nun Ernst gemacht wird, ist das sicherlich zu begrüßen. Doch im Kampf gegen ein korruptes System, in dem man es bewusst unterlässt, alle Mittel und Methoden der Heilung wissenschaftlich zu untersuchen und Nutzloses auszusondern, wirkt das ein bisschen wie Wadenwickel gegen Lungenentzündung. Kann man machen, wird allein aber kaum helfen. Was ist mit denen, die Ärzte korrumpieren, damit sie überteuerte, veraltete oder überflüssige Mittel an den Patienten bringen? Sitzen sie weiter neben dem Gesetzgeber und verhindern, dass ihre Studien transparent und ihre Preise berechtigt sein müssen? Funktionieren sie Krankheiten weiter zu Goldgruben um? Bereichern sie sich auch künftig am Geld der Versicherten?

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