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Mit Militär in die 1. Liga

Jürgen Wagner zur verbalen und faktischen Aufrüstung der deutschen Außenpolitik

  • Lesedauer: 3 Min.

Angesichts des IS-Terrors sammeln Linke Geld für »Waffen für Rojava«. Ist es da noch angesagt, generell gegen Militarismus zu sein? Müsste die Frage nicht viel mehr lauten, auf wessen Seite man kämpft?

Es gibt natürlich immer wieder Situationen, in denen klarer ist, wie man Position bezieht. Nichtsdestotrotz stehen wir als IMI selbstverständlich weiter für eine konsequente Ablehnung von Militäreinsätzen. Die internationale Situation droht ja genau deswegen so aus dem Ruder zu laufen, weil es all diese Militäreinsätze gab und gibt. Da ist es doch absurd zu fordern, Waffen zu liefern, nur eben an die vermeintlich richtige Kriegspartei.

Einige verlangen das ja sogar von der Bundesregierung.

Wer das tut, der unterstützt - wenn auch sicher oft unbeabsichtigt - nur den Versuch dieser Regierung, die Alternativlosigkeit militärischer Lösungen in der Bevölkerung zu verankern. Auf dieses Spiel dürfen wir uns auf gar keinen Fall einlassen.

Ist die Bundesregierung überhaupt so kriegslüstern? In Irak, Syrien und Libyen fiel sie eher durch militärische Zurückhaltung auf. Seit dem Afghanistan-Rückzug sinkt sogar die Zahl der Soldaten im Ausland.

Man kann auf jeden Fall davon sprechen, dass alles versucht wird, um mit einem relativ breiten Spektrum von Maßnahmen eine Militarisierung in Gang zu setzen. Die Militarisierung selbst schlägt sich ja weniger in Bodentruppen nieder. Die sind tatsächlich nach den katastrophalen Ergebnissen in Afghanistan auch innerhalb der Militärs umstritten. Dafür haben wir jetzt eine lebhafte Debatte, wie man »anders und besser« Krieg führen könnte.

Und an was denkt man da so?

Da kommen zum Beispiel Drohnen ins Spiel. Oder dass man lokale Akteure aufrüstet, die dann »unsere Interessen« stellvertretend wahrnehmen sollen.

Beim Thema Militarisierung fällt vielen die Rede von Bundespräsident Gauck auf der Münchner Sicherheitskonferenz ein. Aber gibt es denn Belege, dass seine Rede auf fruchtbaren Boden gefallen ist?

Nicht nur Gauck hält große Reden. Vor Kurzem hielt auch Wirtschaftsminister Gabriel eine Grundsatzrede zur Rüstungsindustrie. Im Prinzip skizzierte er dabei ein relativ visionäres Programm, das darauf hinausläuft, eine starke deutsche Rüstungsindustrie zu positionieren, die dann auch bessere Rüstungsgüter für die Bundeswehr bereitstellen kann. Ein absoluter Tabubruch waren die Waffenlieferung an die Kurden in Irak. Zum ersten Mal in der Geschichte lieferte die Bundesrepublik ganz offiziell Waffen in ein Konfliktgebiet. Außerdem ist da die Rolle der deutschen Politik in der Ukraine, wo man gemeinsam mit den USA maßgeblich zur Eskalation des Konflikts beigetragen hat.

Welche Interessen stehen dahinter?

In Deutschland gibt es breite Kreise, die recht offen erklären, dass, wenn Deutschland weltpolitisch wieder in der ersten Liga spielen will, es dazu zwangsläufig nicht nur einen »geeigneten« Rüstungsapparat benötigt, sondern auch die Bereitschaft, umfassend an internationalen Militäreinsätzen teilzunehmen. Und für die Rüstungsindustrie ist es sicher auch ein Selbstzweck.

Ist die Militarisierung der deutschen Außenpolitik ein kontinuierlicher Prozess, unabhängig davon, wer gerade regiert?

Die Große Koalition ist aus meiner Sicht stärker auf Militarisierungskurs als ihre Vorgängerin. Das hängt aber natürlich auch immer von den äußeren Umständen ab. Als Afghanistan komplett aus dem Ruder lief, war es schlichtweg zu heikel, Militarisierungsprojekte vehement voranzutreiben. Jetzt sind wir in einer neuen Situation. Übrigens ist die Union auch nicht der alleinige Treiber. Es war beispielsweise der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Rainer Arnold, der wegen des Ukrainekonflikts als erster die Zahl der Kampfpanzer aufstocken wollte, was auch immer er damit gegen Russland bezwecken will.

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