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Mit Nummern gegen die Gefahr

Venedigs Wasserstraßen sollen durch die neuen Schilder sicherer werden

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.
In Venedig gibt es zu viele Unfälle auf dem Canal Grande. Deshalb hat die Stadt beschlossen, dass ab sofort alle Gondeln Nummernschilder haben müssen.

Gondeln sind durch und durch romantisch und gleiten friedlich und still durch die Kanäle Venedigs und unter den Brücken hindurch. - So stellt man sich das vor. Tatsächlich aber sieht die Realität etwas anders aus. Und da es in der letzten Zeit mehrere Unfälle gegeben hat (im August letzten Jahres starb der deutsche Tourist Jochen Vogel), müssen nun ein paar Regeln mehr eingehalten werden. Ab Dezember 2014 haben nun Venedigs 433 Gondeln Nummernschilder.

Das hat es in den letzten tausend Jahren noch nicht gegeben. Gondeln gibt es in Venedig seit mindestens 1094 (da wurde das seltsame Boot erstmals offiziell erwähnt) aber bisher hatte man sich noch nie darum gekümmert, sie einzeln zu kennzeichnen. Zwar braucht jeder Gondoliere eine Lizenz (heute sind es genau 433), aber Nummernschilder schienen nicht notwendig, auch weil in Venedig wirklich jeder jeden kennt, egal ob nun der Lizenzinhaber selbst oder einer der 160 »Auswechselspieler« ist, der das schlanke Holzboot lenkt.

In den letzten Monaten hat es zu viele Unfälle gegeben, bei denen immer wieder ein Tourist ein unfreiwilliges Bad nehmen musste. Auf den Canal Grande ist einfach zu viel Verkehr: Besonders in der Gegend der berühmten Rialtobrücke und rund um den Bahnhof flitzen schnelle Taxiboote zwischen behäbigen Lastkränen hin und her, während die Gondeln versuchen, den Vaporetti, den Dampfern, auszuweichen, die in der Lagunenstadt den öffentlichen Nahverkehr abwickeln. Wenn dann noch ein Polizeiboot oder ein Krankentransport dazu kommt, sind Unfälle schon fast an der Tagesordnung. Mit den Nummernschildern soll man die Gondeln identifizieren können. Auch wird der Kampf gegen die »Illegalen« einfacher. Es handelt sich um kleine schwarze Metallschildchen mit weißen Zahlen, die möglichst unauffällig an der Seite angebracht werden.

In den ersten Tagen nach Inkrafttreten der neuen Verordnung gab es unter den Gondolieri Unmut und ein paar Knöllchen, aber letztlich ist der Berufsstand nicht dagegen. Aldo Reato, Vorsitzender der Gondolieri von Venedig: »Erst einmal murren meine Kollegen immer bei Neuigkeiten. Aber im Grunde sind wir für mehr Legalität und Transparenz. Da sind uns die Nummernschilder willkommen, auch, weil unser traditionelles Bild ja nicht beeinträchtigt wird.« Und er erinnert daran, dass die Gondolieri im letzten Jahr sogar damit einverstanden waren, sich regelmäßig Alkohol- und Drogentests zu unterziehen.

Die Gondeln sehen in Venedig alle gleich aus. Sie sind knapp 11 Meter lang, 1,43 m breit, 350 kg schwer und bestehen aus 280 (!) Einzelteilen. Sie sind asymmetrisch (die linke Seite ist 24 cm länger); der geschwungene Vorderteil aus Metall zeichnet den Canal Grande nach, während der Heckkringel für das Gleichgewicht wichtig ist und die Lagunen-Insel Giudecca symbolisiert. Der Bau erfordert lange Erfahrung und die Lehrzeit dauert mehrere Jahre.

Auch in den schweren Zeiten ist der Gondelbetrieb einigermaßen krisenfest. Kaum ein Tourist verzichtet auf diese besondere Erfahrung, auch wenn sie nicht gerade günstig ist. Seit kurzem gibt es für die Fahrten feste Tarife, die auch überall angeschlagen sind: 80 Euro für eine halbstündige Fahrt bei Tag und 100 am Abend. Billig ist es nicht, aber sicherlich eine unvergessliche Erfahrung - und mit den neuen Nummernschilder auch viel sicherer.

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