nd-aktuell.de / 13.12.2014 / Wissen / Seite 24

Run auf die Uni

Bildungsrauschen

Lena Tietgen

Die Zahl der Studierenden steigt unaufhörlich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind mittlerweile fast 2,7 Millionen Menschen an den Hochschulen eingeschrieben. Damit erhöhte sich die Zahl der Studierenden im Vergleich zum vergangenen Wintersemester um gut drei Prozent.

Ein Umstand, der vielen Probleme bereitet. Den Hochschulen, die wegen der Schuldenbremse, die sich die öffentlichen Kassen auferlegt haben, an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, den Studierenden, denen es an Betreuung und Wohnraum mangelt, der Wirtschaft, die nach passgerecht qualifiziertem Personal sucht. Auf spiegel.de diskutierte man und nachtmensch fragt: »Wer backt die Brötchen? Es ist ja schön, wenn man etwas aus sich machen will. Doch man muss es dann auch nicht übertreiben. Außerdem steht zu befürchten, dass viele nur studieren wollen, um später ordentlich Geld zu scheffeln; nicht aus Wissensdurst, oder um besser dienen zu können.« Worauf dickebank kontert: »Als ob die Brötchen der Bäckereiketten - auch der mittelständischen - noch ›von Hand‹ gemacht würden. Backmischung kommt mit dem Silo-Zug, Wasser vom örtlichen Wasserwerk, die ›Brötchenstraße‹ vom Automatenhersteller. Im Betrieb gibt es einen Meister je Schicht, der Rest sind Facharbeiter aus dem Bereich Lebensmitteltechnologie (IHK) oder Bäckergesellen (HK) und viele Angelernte.« der_geraet lobt: »Glücklicherweise arbeite ich im Holzhandwerk. Es gibt in meiner Branche akuten Fachkräftemangel, und das wird sich noch deutlich verschärfen in den nächsten Jahren. Gute Leute ohne anständig bezahlten Job gibt es bei uns nicht, fähige Mitarbeiter sind Mangelware. Der Nachwuchs bleibt aus. Jeder der die Voraussetzungen erfüllt, um auch etwas ›Besseres‹ zu machen, geht studieren. Aber Handwerk hat goldenen Boden.«

Die Wirtschaft favorisiert das Duale Studium, eine Synthese aus Ausbildung und Studium. zeit.de schreibt: »Beim Dualen Studium sind die Studenten abwechselnd an einer Hochschule und in einem Unternehmen. Sie studieren und arbeiten, erwerben sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen. 64 000 Studenten in Deutschland studieren dual. Verglichen mit der Anzahl regulärer Studenten (2,6 Millionen), sind sie deutlich in der Minderheit. Eine kleine, ausgewählte Gruppe.« Beispielsweise biete Airbus gemeinsam mit einer privaten Hochschule das Studium des Wirtschaftsingenieurs an, habe dann auch Mitglieder im Beirat der Hochschule und beteilige sich an den Stundenplänen.

aatvf sieht hierdurch die Mitte bedroht. »Im Prinzip ist das Duale Studium sinnvoll. Es scheint die ›Lehre für Abiturienten‹ zu sein, dem Zeitgeist folgend. Das Problem ist nur, dass für unterschiedliche Ausbildungsinhalte gleichlautende Abschlüsse vergeben werden. Der Uni-Bachelor ist etwas anderes als der FH-Bachelor und der des dualen Systems. Aber die FHs gehen zwischen Promotionsrecht und Kopieren des Dualen Systems unter. Für mich stirbt mittelfristig die Mitte beinahe aus.« Lena Tietgen