nd-aktuell.de / 17.12.2014 / Ratgeber / Seite 22

Anspruch auf Blindenschrift?

Sehbehinderte

Blinde und Sehbehinderte können in einem Gerichtsverfahren unter Umständen die Prozessunterlagen in Blindenschrift verlangen. Ihnen muss ebenso wie Menschen ohne Behinderung eine gleichberechtigte Teilhabe an dem Verfahren gewährt werden.

So das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am 31. Oktober 2014 (Az. 1 BvR 856/13). Können die Prozessunterlagen jedoch durch einen Rechtsanwalt »bei einem übersichtlichen Streitstoff« ebenso gut vermittelt werden, ist die Bereitstellung der Dokumente in Blindenschrift nicht erforderlich.

Im konkreten Fall nahmen die Richter die Verfassungsbeschwerde eines sehbehinderten Mannes aus Dresden jedoch nicht zur Entscheidung an. Der Mann hatte in einem zivilgerichtlichen Berufungsverfahren beantragt, dass die Prozessunterlagen ihm in Blindenschrift zur Verfügung gestellt werden.

Sowohl das Landgericht Dresden als auch der Bundesgerichtshof lehnten dies in dem Fall ab. Der Kläger könne sich alles von seinem Rechtsanwalt erklären lassen, zumal der Streitgegenstand nicht sehr kompliziert sei. Dem folgte auch das Bundesverfassungsgericht. Könne ein Rechtsanwalt den Streitstoff aber nicht ausreichend vermitteln, müssten die Prozessunterlagen auch in Blindenschrift zur Verfügung gestellt werden.

Ähnlich hatte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 18. Juni 2014 (Az. B 3 P 2/14 B) entschieden. epd/nd