Kurzzeitkonsum lässt Müllhalden ansteigen

Umweltverbände fordern konkrete Gesetzesinitiativen gegen die absichtliche Beschränkung der Lebensdauer von Konsumgütern

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände mahnt mehr Engagement gegen sogenannte geplante Obsoleszenz an. Vorbild ist eine Gesetzesinitiative in Frankreich.

Ob Küchengerät, Mobiltelefon oder Waschmaschine - viele Kunden ärgern sich heute über mangelnde Haltbarkeit von Produkten. Und wenn ein Gerät kaputt geht, ist es häufig nicht reparierbar: Gehäuse oder Teile von Elektrogeräten werden verklebt statt verschraubt, der Verkauf von Ersatzteilen ist auf wenige, überteuerte Vertragshändler beschränkt oder die Ersatzteile sind nicht mehr verfügbar.

Aus Sicht von Umwelt- und Verbraucherschützern darf das nicht so sein. Die Bundesregierung solle endlich gegen Hersteller vorgehen, die Waren mit geplantem »Kaputtgehdatum« produzieren, forderte der Generalsekretär des Deutschen Naturschutzrings, Helmut Röscheisen, am Dienstag in Berlin. Gemeinsam mit dem Verein »Murks? Nein Danke!« will der DNR eine Initiative für mehr Produktverantwortlichkeit starten. Gesetzlich verankert werden soll unter anderem eine Kennzeichnungspflicht: geplante Gebrauchsdauer, Reparierbarkeit und Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie durchschnittlicher Zeitpunkt des ersten Schadeneintritts. Kritik gibt es zudem an einer geplanten Änderung des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes, nach der es zukünftig erlaubt sei, nicht nur Akkus, sondern auch Batterien fest einzubauen. Dadurch wandere in vielen Fällen das komplette Gerät in den Müll, so Röscheisen. Das sei weder Ressourcen schonend noch im Interesse der Kunden.

Dabei sei es häufig einfach und kostenneutral, Konstruktionsmängel zu beheben, die die Lebensdauer eines Gerätes verkürzten, erklärt Stefan Schridde, Gründer des Vereins »Murks? Nein Danke!«. Beispiel Elek-trolytkondensatoren, kurz Elkos. Oft seien diese bei PC-Bildschirmen auf der Platine gleich neben dem Kühlsystem befestigt. »Dort, wo es besonders heiß wird«, kritisiert Schridde. Hitze aber verringert die Lebensdauer der Elkos. »Dabei gibt es genügend Platz auf der Platine.«

Auch ein weiteres Thema will die Initiative in die Öffentlichkeit bringen. Rund 200 Repaircafés gebe es in Deutschland, immer auf Eigeninitiative. In den Niederlanden würden diese Orte, an denen Verbraucher und Handwerker gemeinsam Produkte reparieren, staatlich gefördert.

Bestimmte Hersteller haben die Umwelt- und Verbraucherschützer nicht im Blick. Es sei weder eine Frage der Marke, des Herstellers noch des Preises, ob Geräte geplant vorzeitig den Geist aufgeben. Allerdings herrsche bei renditeorientierten Unternehmen eher als im Mittelstand die Haltung vor, »den Kunden als Zwischenlager vor der Müllhalde zu sehen«, so Röscheisen.

Belegbar ist geplante Obsoleszenz bisher nicht. Zwar sei diese Strategie laut Schridde »in Ingenieurskreisen ein offenes Geheimnis«, belastbare Beweise gibt es bisher nicht.

In Frankreich allerdings sieht das kürzlich verabschiedete Energiewendegesetz rechtliche Schritte gegen geplante Obsoleszenz vor. Dort soll der Begriff ins Verbraucherschutzgesetz aufgenommen und dem Tatbestand der »arglistigen Täuschung« gleichgesetzt werden. Hersteller, denen vorsätzlicher Verschleiß nachgewiesen werden kann, riskieren zwei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 300 000 Euro. Schwierig wird wohl auch hier die Umsetzung. Um gegen vorzeitigen Verschleiß klagen zu können, müsste die Lebensdauer jedes Geräts festgelegt werden. Vor allem aber muss der Kläger den eindeutigen Beweis erbringen können, dass der Hersteller vorsätzlich sabotierte.

Dennoch gibt es Lob für die Initiative aus Frankreich. Die Bundesregierung habe »offensichtlich kein Interesse«, die Hersteller stärker zur Verantwortung zu ziehen, so Röscheisen.

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