nd-aktuell.de / 17.12.2014 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

Chevron kippt Plan für Fracking in der Ukraine

US-Konzern wird Schiefergasvorkommen nicht fördern

Bernhard Clasen
Chevron ist aus einem Milliardenprojekt in der Westukraine ausgestiegen. Für das Land ein weiterer Rückschlag auf dem Weg zur Unabhängigkeit von russischem Gas.

Der US-Energiekonzern Chevron wird in der Westukraine kein Schiefergas mit der umstrittenen Fracking-Methode ausbeuten. Das berichten ukrainische Medien unter Berufung auf den Vizechef der Präsidialadministration, Valerij Tschalij. Anfang der Woche hatte Chevron, einer der größten Energiekonzerne, die Behörden von seiner Entscheidung informiert. So wird der im November 2013 zwischen Chevron und dem Staatskonzern »Nadra Olesskaja« geschlossene Vertrag, von dem sich das Land Investitionen in Höhe von zehn Milliarden Dollar und bis zu 15 000 Jobs versprochen hatte, eine Absichtserklärung bleiben. Bereits Probebohrungen hätten der Ukraine Investitionen von 350 Millionen Dollar gebracht.

Der Rückzug von Chevron, vermuten ukrainische Experten, habe wirtschaftliche Gründe. So seien im August die Gebühren für die Ausbeutung von Gasvorkommen verdoppelt und Firmen verpflichtet worden, einen Teil des Gases dem Staat zu geben. »Offensichtlich ist kein Investor interessiert, extrem hohe Steuern zu bezahlen und gleichzeitig einen Teil der ausgebeuteten Ressourcen dem Staat zu überlassen« zitiert das Portal uaenergy.com.ua einen Experten.

Die niedrigen Ölpreise auf dem Weltmarkt dürften genauso eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben wie die geringe Akzeptanz des Projektes in der Region. Umweltschützer, Lokalpolitiker, die nationalistische »Swoboda«-Partei und die Tourismuswirtschaft hatten befürchtet, mit zahlreichen Bohrlöchern, verseuchtem Wasser und der damit einhergehenden schlechteren Trinkwasserqualität könnte die Gegend an Attraktivität verlieren. Bei der umstrittenen Fracking-Methode werden in tiefe Gesteinsschichten unter hohem Druck Chemikalien gepresst, die das eingeschlossene Gas fördern sollen.

Mit dem Rückzug von Chevron haben sich die Hoffnungen der Ukraine, mit der Förderung von Schiefergas die Abhängigkeit von russischem Gas zu senken, zerschlagen. Bereits im August hatte der britisch-niederländische Ölkonzern Shell, der den Zuschlag bekommen hatte, gemeinsam mit dem Staatskonzern »Nadra Jusovsk« die Gasvorkommen auf den »Jusovsk-Gasfeldern« im Osten der Ukraine auszubeuten, Probebohrungen auf unbestimmte Zeit verschoben. Shell hatte den Rückzug mit den Kriegshandlungen begründet.

Die Ukraine, so Jurij Prodan, ehemaliger Minister für Energie und Kohle, brauche jedes Jahr 32 bis 33 Milliarden Kubikmeter Gas, um über den Winter zu kommen. Die fünf bis zehn Milliarden Kubikmeter Schiefergas, die auf dem 5200 Quadratkilometer großen Gasfeld Oleska in der westukrainischen Provinz zwischen Ivano-Frankivsk und Lwow jährlich gefördert werden sollten, hätten einen großen Teil der Bedürfnisse des Landes abdecken können.