Revolutionäre Rede

Eine Reinkarnation von Comandante Che Guevara testete am Mittwoch die Mikrofone im Plenarsaal des Landtags.

Seit rund fünf Jahren regiert die LINKE mit in Brandenburg. Allen Unkenrufen zum Trotz wurde durch Rot-Rot der Kapitalismus kein bisschen erschüttert. Am Mittwoch zeigte sich aber: Die Revolution muss in Brandenburg plötzlich und unerwartet doch gesiegt haben. Die Reinkarnation von Comandante Che Guevara - oder war es Fidel Castro? - hielt eine kurze Rede im Landtag.

Ab 10 Uhr wurde die Parlamentssitzung live übertragen. Zwei Tontechniker überprüften eine Stunde vorher im Plenarsaal die Mikrofone. Auch das war schon im Internet zu sehen und vor allem zu hören. Dem bärtigen Mann und seinem Kollegen war es zu langweilig, beim Tontest immer nur zu zählen. So nannte der eine den anderen »El Presidente«, als dieser Platz nahm auf dem Sitz von Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD). Der Bärtige wünschte auf Italienisch einen guten Morgen, besann sich aber und machte ein paar Bemerkungen auf Spanisch - im Brustton einer revolutionären Rede. Sein Kollege quittierte dies mit dem begeisterten Ruf: »Viva la revolución.« Danach behauptete er, der Bart des Revolutionärs sei mit einem Produkt des Kosmetikherstellers L'Oréal gepflegt, das alles schön weich mache, wie es die Frauen mögen. Gekauft sei es bei der Drogeriekette Rossmann für 11,50 Euro. Da wendete sich also langsam das Blatt. Mit dem Konsumterror marschierte die Konterrevolution. Ziemlich zum Abschluss dieser Späße wurden die Zuhörer begrüßt »beim Weihnachtswunschkonzert für alle Seeleute draußen auf den Meeren«.

Insgesamt war dieses Vorspiel zur Landtagssitzung wesentlich revolutionärer als die Reden, die Brandenburgs Bürger an dieser Stelle gewöhnlich zu hören bekommen. Möglich wurde das ausgerechnet durch kapitalistisches Teufelszeug. Der vor einem Jahr bezogene Landtagsneubau entstand durch eine öffentlich-private Partnerschaft - ein wegen des Risikos für den Steuerzahler umstrittenes Instrument. Der Baukonzern BAM errichtete das Gebäude und betreibt es. Das Land mietet es und stottert mit seinen Zahlungen über 30 Jahre hinweg die privat vorgestreckte Summe ab. Erst nach Ablauf dieser Frist gehört das Gemäuer dem Staat. Vorher ist der Konzern BAM Hausherr und kümmert sich um alles, auch um die Tontechnik. Der bärtige Revolutionär trug folgerichtig nicht die grüne Uniform eines lateinamerikanischen Guerilliakämpfers, sondern ein blaues Hemd mit der Aufschrift BAM.

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