Mutter, Vater, Knatsch

«Der dressierte Mann»

  • Volker Trauth
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine modisch-populäre Männerhelferin im Geschlechterkampf« nannte der »Spiegel« die 1935 in Buenos Aires geborene Esther Vilar, nachdem sie in ihrem Buch »Der dressierte Mann« die These in Handlung umgesetzt hatte, nicht der Mann dominiere die Frau, sondern die Frau den Mann. In ihrer Bearbeitung am Staatstheater Cottbus zielt Regisseurin Bettina Rehm vor allem auf die komödiantischen Wirkungsmöglichkeiten des Textes, den John von Düffel in seiner Theaterfassung noch mit Pointen angereichert hat. Sie setzt nicht auf psychologische Feinzeichnung, sondern auf einen Dauerangriff auf die Lachmuskeln.

Der Plot ist schnell erzählt. Ein Mann namens Bastian bereitet die Verkündung seines Heiratsantrags an seine langjährige Freundin Helen vor. Da platzt die mit der Nachricht herein, der Bankvorstand habe nicht ihn, sondern sie für einen Chefposten mit zehnfach höherem Gehalt vorgesehen, gebunden an die Bedingung, keine Kinder zu bekommen. Damit sind die Machtverhältnisse in der Beziehung auf den Kopf gestellt. Bastian muss sich als Versager empfinden und verschwindet in die Kneipe. Da rücken die beiden Mütter an: Helens Mutter, die zum dritten Mal verheiratet ist und die Ehe vor allem als Garantie bevorzugter Versorgung sieht, und Bastians Mutter, die mit neuen Erkenntnissen aus der Gendertheorie hausieren geht und den eigenen Sohn für ein Weichei hält. Beide drängen Helen - aus unterschiedlichen Gründen - dazu, nun ihrerseits den Antrag zu stellen. Die Genderforscherin, weil sie ihren Sohn dazu zwingen will, sich endlich zu seinem »sozialen Geschlecht« zu bekennen, und die andere des schnöden finanziellen Vorteils wegen. Auf wundersame Weise ist Helen inzwischen schwanger geworden, woraufhin sie und Bastian aufs Neue die Liebe zum Partner erkennen, mit dem sie nun ein gleichberechtigtes Leben führen wollen.

Wirkungsträchtige Situationen werden breit ausgespielt. Gunnar Golkowski als Bastian macht die Verbrennung seiner Fingerkuppen beim Kochen zur abendfüllenden Nummer - ebenso wie seine jämmerliche Rückkunft aus der Kneipe. Mit dem Absingen von Schlagern und mit choreographierten Tanznummern bereiten sich die Mütter und Helen erwartungstrunken auf die Überrumpelung Bastians vor, Helen mimt mit dreifacher Übertreibung das hilfsbedürftig greinende Kindchen, und der äußere Rahmen wird vorbereitet mit sich verselbstständigenden Staubwedeln.

Susann Thiede als Helens Mutter kostet routiniert Pointen aus. Angefeuert vom Publikumsbeifall, trägt sie dabei manchmal zu dick auf. Gleichförmigkeit droht, wenn sie in einem Dauerton von exaltierter Klage oder von kapriziöser Selbstverliebtheit agiert. Ökonomischer baut Heidrun Bartholomäus als Bastians Mutter ihre Figur auf. Lange bewahrt sie deren Geheimnis, ehe sie dann die Attacke auf die Jammerlappen von Männern zur großen theatralischen »Kiste« macht. Kristin Muthwill als Helen hat überraschende (an diesem Abend zu seltene) Töne von Nachdenklichkeit, wenn sie sich darüber wundert, »mit welch primitiven Mitteln« man Karriere machen kann oder wenn sie sich ganz still und behutsam ihrer Liebe zu Bastian versichert. Insgesamt eine Inszenierung, die sich durch die offensichtliche Wirkung beim Publikum legitimiert.

Nächste Vorstellungen: 19., 20.12.

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