Misshandlung ja, aber keine Folter

Britische Soldaten in Irak verletzten das Völkerrecht

  • Meike Stolp, London
  • Lesedauer: 2 Min.
Britische Soldaten haben irakische Häftlinge 2004 weder gefoltert noch ermordet, so ein unabhängiger Bericht. Beendet ist die Diskussion damit nicht, denn es gibt auch Foltervorwürfe gegen den Geheimdienst.

Britische Soldaten sind weder Mörder noch haben sie Menschen verstümmelt. Aber sie haben einige Iraker nach einer besonders umkämpften Schlacht im Jahr 2004 schlecht behandelt und damit die Genfer Konvention verletzt. Zu diesem Ergebnis kommt der mit Spannung erwartete Al-Sweady-Bericht, der am Mittwoch veröffentlicht worden ist. Er nannte die Foltervorwürfe gegen die Briten »unverantwortliche Spekulationen«. Im Gegenteil, die Briten hätten mit »beispielhaftem Mut, Entschlossenheit und Professionalität« reagiert.

Was genau sich 2004 bei und nach der sogenannten Schlacht von Danny Boy südlich der Stadt Amarah zugetragen hat, wird die Öffentlichkeit vermutlich nie im Detail erfahren. Die Untersuchung unter Vorsitz des ehemaligen Richters Sir Thayne Forbes sollte Vorwürfen nachgehen, nach denen 20 Iraker, die während der Schlacht gefangen genommen worden waren, durch britische Soldaten ermordet worden seien. Andere Gefangene sollen gefoltert worden sein. Das Londoner Verteidigungsministerium hat die Vorwürfe stets bestritten. Doch 2009 hatte der damalige Verteidigungsminister Bob Ainsworth schließlich die unabhängige Untersuchung in Auftrag gegeben. Richter des Obersten Gerichtshofes hatten die Befürchtung geäußert, dass das Verteidigungsministerium die Anschuldigungen nicht zufriedenstellend untersucht hätte.

Der heutige Verteidigungsminister Michael Fallon erklärte am Mittwoch: »Leider war eine öffentliche Untersuchung notwendig, um diese Behauptungen zu entkräften.« Eine Untersuchung, die den britischen Steuerzahler fast 25 Millionen Pfund (31 Millionen Euro) gekostet hat. Hunderte irakischer und britischer Zeugen wurden in über 168 Tagen dazu vernommen.

Experten zufolge war es ein Anliegen des britischen Militärs - und ein Grund für die lange Dauer des Verfahrens -, alle Vorwürfe endgültig zu klären. Auch wenn nicht gemordet und gefoltert wurde, so sollen einige Soldaten durchaus gegen die Genfer Menschenrechtskonvention verstoßen haben. Sie hätten Gefangenen im Camp Abu Jaji im Südirak die Augen verbunden, ihnen Essen und Schlaf entzogen und brutale Verhörmethoden angewandt, so der Bericht.

Noch nicht geklärt sind die Verwicklungen britischer Geheimdienstmitarbeiter in Folterungen durch den US-amerikanischen Geheimdienst CIA. Vergangene Woche wurde bekannt, dass auf Druck der Regierung in London im CIA-Folterbericht Passagen, die britische Geheimdienste betreffen, herausgestrichen wurden - weil sie angeblich die nationale Sicherheit bedrohen würden. Aufgrund der Untersuchung des US-amerikanischen Senats wurden in London Rufe laut, dass auch der frühere Premierminister Tony Blair und dessen ehemaliger Außenminister Jack Straw erneut vernommen werden sollten. Kommentar Seite 4

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