Unternehmen müssen nur Zinsen zahlen

Bei der Kreditvergabe dürfen Geldhäuser keine Bearbeitungsentgelte verlangen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Banken müssen Unternehmen und Verbrauchern die Bearbeitungsgebühren zurückzahlen - wenn diese das wirklich wollen.

Für Banken und Sparkassen geht es bis Ende Dezember um Milliarden. Dabei dreht sich der Prozess-Krimi eigentlich nur um zwei kleine, private Ratenkredite: In zwei Fällen hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Oktober zugunsten von Verbrauchern entschieden - sie können nun die Bearbeitungsentgelte von ihrer Bank zurückfordern: 1000 beziehungsweise 500 Euro. Dank dieser BGH-Urteile können Kreditnehmer ungerechtfertigt kassierte Gebühren bis zu zehn Jahre lang rückwirkend zurückverlangen. Betroffen sind mehrere Millionen Verträge aus den Jahren 2004 bis 2011. Eine juristische Sensation, die jetzt auch Unternehmer und Gewerbetreibende interessiert, weil einige Handels- und Handwerkskammern noch gerade rechtzeitig die Brisanz der BGH-Urteile erkannten.

Dabei wurden bereits erste Rechtsstreitigkeiten zugunsten von Unternehmen entschieden. Ein Hamburger Experte schätzt die Zahl der Prozesse bundesweit auf ein Dutzend. Bekannt wurde vor allem ein Fall aus Nürnberg. Das dortige Amtsgericht gab einem Kläger bereits vor einem Jahr Recht, der zwei Solaranlagen bei der Umweltbank AG finanziert hatte. Vertragsgemäß war auch jeweils eine »Kreditbearbeitungsgebühr« zu zahlen. »Diese muss die Bank erstatten und verzinsen«, so die Anwaltskanzlei Lenné in München, die den Unternehmer vertrat. Nach Auffassung der Nürnberger Richter ist ein Gewerbetreibender durch die Vereinbarung eines Bearbeitungsentgelts in gleicher Weise wie ein Verbraucher unangemessen benachteiligt. Die Bank war zu keiner Stellungnahme bereit. Das Urteil ist jedoch »rechtskräftig«, bestätigt das Nürnberger Gericht auf Anfrage des »nd«.

Im Juristendeutsch hält der Nürnberger Spruch fest: »Danach hält die streitgegenständliche Klausel der Inhaltskontrolle nicht stand.« Was im Klartext gemeint ist, hatte der BGH in Karlsruhe schon im Mai für (Verbraucher-) Darlehen festgelegt: Bearbeitungsgebühren stellten kein »Entgelt für eine gesonderte Leistung« dar und dürften deshalb nicht verlangt werden. Ohnehin seien Banken und Sparkassen gesetzlich verpflichtet, die Bonität des Kunden zu prüfen. Kostenlos. Die dafür vom Kunden zu erbringende Gegenleistung sei allein der zu zahlende Zins. Ein gesondertes Entgelt für solche vorbereitende Tätigkeiten halten die obersten Richter für unzulässig.

Es liegt nahe, dass diese Entscheidung in der Sache auch für Firmenkredite gilt. Eine Entscheidung, bei der es letztlich auch für Betriebe und Unternehmen um viel Geld gehen wird: Die zu Unrecht erhobenen Gebühren betragen üblicherweise etwa zwei Prozent der Kreditsumme. Bei einer größeren Finanzierung von einer Million Euro, beispielsweise für eine neue Maschine, sind dies immerhin 20 000 Euro.

Handwerksmeister und Firmenchefs riskieren allerdings das gute Verhältnis zu »ihrer« Bank, warnen Unternehmensberater: »Sie« haben vor Jahren ein Darlehen aufgenommen und dabei zwei Preisbestandteile vereinbart: Soll-Zins und Bearbeitungsgebühr. Auf dieser Basis wurde der Vertrag geschlossen. Eigentlich ein faires Geschäft? Für Unternehmensdarlehen mit Abschlusszeitpunkt Ende 2004 bis Ende 2011 ist Eile geboten. »Gläubiger sollten ihren Forderungsbestand rechtzeitig vor Jahresende überprüfen«, raten die Experten der Creditreform-Gruppe. Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 des Bürgerlichen Gesetzbuches am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Im Fall der Kreditbearbeitungsgebühren dürfte das Ende 2014 sein.

Unterdessen hat die Stiftung Warentest Musterbriefe für die Zurückforderung der Gebühren ins Internet gestellt - auch für KfW-Kredite und gewerbliche Tätigkeiten wie Darlehen für Solar- und Windkraftanlagen.

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