nd-aktuell.de / 22.12.2014 / Politik

Ver.di: Streikwille an den Amazon-Standorten ungebrochen

Ausstand soll bis Heiligabend fortgesetzt werden / Bislang keine Lösung des Tarifkonflikts absehbar

Im Tarifkonflikt zwischen der Gewerkschaft ver.di und dem Online-Versandhändler Amazon halten die aktuellen Streiks an. Da eine Lösung aussteht, wird nach Weihnachten über das weitere Vorgehen beraten.

Update 16.40 Uhr: Bisher habe sich Amazon in dem seit Mai 2013 anhaltenden Konflikt nicht auf die Gewerkschaft zubewegt. »Sie versuchen das auszusitzen«, kritisierte der Sprecher des ver.di-Bundesvorstandes, Christoph Schmitz. »Unser Ziel ist letztlich nicht, dass die Pakete verspätet ankommen«, sagte er. Amazon sei in der Pflicht, seine Lieferversprechen gegenüber den Kunden einzuhalten. Doch der Aufwand dafür werde durch die Streiks höher und treffe das Unternehmen wirtschaftlich. »Wir rufen ja nicht zum Boykott auf«, betonte er.

Nach den Angaben von regionalen ver.di-Sprechern ist der Streikwille ungebrochen. »Wir sind sehr zufrieden«, sagte Sabine Busch von ver.di in NRW. Pro Tag hätten sich etwa 700 Mitarbeiter am Ausstand beteiligt. Im bayerischen Graben verordnete ver.di den Streikenden eine Ruhepause. »Wir holen sie nicht mehr jeden Tag vors Tor, sondern lassen sie zu Hause bleiben«, sagte Hubert Thiermeyer von ver.di Bayern.

Auch an den beiden Versandlagern in Bad Hersfeld soll bis Heiligabend gestreikt werden. Das hätten die Mitarbeiter bei einer Streikversammlung bekräftigt, sagte ver.di-Vertreterin Mechthild Middeke. Sie sieht das Potenzial, die Schrauben noch enger zu ziehen. »Wir haben dieses Jahr mit Streiks an bis zu sechs Standorten eine ganz schöne Steigerung hingekriegt«, sagte sie. »Wir trauen uns zu, den Druck im kommenden Jahr noch zu erhöhen.«

Amazon-Sprecherin Anette Nachbar unterstrich, das Unternehmen stehe zu seinem Lieferversprechen. Das Anliegen der Geschäftsführung sei ein respektvoller Umgang innerhalb der Belegschaft. »Wir respektieren das Streikrecht der Kollegen, aber wir erwarten auch Respekt gegenüber denen, die sich entschieden haben, nicht zu streiken.«

Amazon-Streik geht in die zweite Runde

Leipzig/Bad Hersfeld. Der bisher längste Streik beim Online-Versandhändler Amazon ist in die zweite Woche gegangen. Am Montagmorgen hätten etliche Beschäftigte an den Standorten Bad Hersfeld, Rheinberg, Leipzig und Graben ihre Arbeit niedergelegt, berichteten Regionalsprecher der Gewerkschaft Ver.di.

In Bad Hersfeld etwa versammelten sich den Angaben zufolge rund 70 Amazon-Mitarbeiter vor den Toren. Bis zu einer Streikversammlung sollten es laut ver.di rund 400 werden. Das seien weniger als in der vergangenen Woche, viele Kollegen hätten bereits Urlaub. Die Ausstände sollen bis Heiligabend 15 Uhr anhalten. Danach verständige sich Ver.di über eine mögliche Fortsetzung der Streiks.

In den insgesamt neun deutschen Amazon-Verteilzentren arbeiten nach Unternehmensangaben in der Vorweihnachtszeit rund 20 000 Menschen. Der Ausstand soll Heiligabend am Nachmittag enden. Die Streikwelle hatte am 15. Dezember begonnen.

In dem seit 2013 andauernden Konflikt will Ver.di Amazon zwingen, die Mitarbeiter künftig nach dem Einzelhandelstarif statt dem niedrigeren Logistiktarif zu bezahlen. Zuletzt hatte die Gewerkschaft wiederholt zu Ausständen aufgerufen.

Amazon lehnt das strikt ab und führt keine Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft. Der US-Konzern sieht sich als Logistiker. Eine Einigung ist nicht in Sicht.

Ver.di hatte die Streikpause ausgerufen, nachdem die Gewerkschaft bei Verwaltungsgerichten keinen Betriebsstopp am Sonntag in den Verteilzentren Bad Hersfeld und Leipzig durchsetzen konnte. Nach Auffassung von ver.di wären die zuständigen Behörden verpflichtet gewesen, ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Die Gewerkschaft hatte sich auf den Schutz der Sonntagsruhe berufen. In Bad Hersfeld und Leipzig arbeiteten jeweils mehrere hundert Mitarbeiter mit Sondergenehmigungen auf freiwilliger Basis auch am Sonntag.

Eine Sprecherin von Amazon betonte erneut, dass es trotz des Streiks keine Lieferverzögerungen gebe. Zu Mehrkosten des Konzerns durch den langen Ausstand wollte das Unternehmen keine Angaben machen. dpa/nd