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Therapieversuche nach dem Schock

In Limburg beging man das zweite Weihnachtsfest ohne Bischof - doch aus Rom gibt es keine Signale, wer Tebartz-van Elst nachfolgen soll

  • Carolin Eckenfels, Limburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit der »Causa Tebartz« geriet die katholische Kirche in Deutschland auch für viele Gläubige unter Generalverdacht. Wie sieht es in Limburg neun Monate nach dem Rücktritt des Bischofs aus?

Die Gläubigen im Bistum Limburg feierten ihr zweites Weihnachtsfest ohne Bischof. Vor einem Jahr weilte ihr umstrittener Oberhirte Franz-Peter Tebartz-van Elst in der vom Papst verordneten Auszeit, diesmal ist der Bischofsstuhl ganz unbesetzt. Viele fragen sich: Was bringt 2015?

Nach Monaten des Streits um seine Amtsführung und wegen der ausufernden Baukosten an der neuen Residenz war Tebartz-van Elst im März 2014 als Limburger Bischof abgetreten. Mittlerweile lebt der 55-Jährige in Regensburg, noch ohne neuen Posten. In Limburg selbst räumt derweil die neue Bistumsleitung auf und bemüht sich um die Aufarbeitung des Skandals: der Paderborner Weihbischof und Apostolische Administrator Manfred Grothe sowie sein Vertreter, Wolfgang Rösch.

Nach Ansicht von Kirchenrechtler Thomas Schüller (Universität Münster) bedeutete die »Causa Tebartz« nicht nur für Limburg tiefe Einschnitte, sondern für die gesamte katholische Kirche in Deutschland. »Die Kirche steht jetzt unter Generalverdacht, dass sie in sich unseriös sei«, sagt er. Sie versuche sich wieder neu aufzustellen, etwa im Finanzbereich. »Die Diözesen legen sukzessive ihr gesamtes Vermögen offen. Das wäre nie passiert, wenn Tebartz-van Elst nicht so desaströs mit Kirchengeld umgegangen wäre.« Das sei ein richtiger Schritt, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen. Doch es gebe weiterhin ein tiefes Misstrauen, vor allem in Limburg. »Vertrauen zurückzugewinnen wird lange, noch Jahre, dauern.« Das Bistum brauche einen neuen Bischof, ohne sei es »ein Fragment«. Schüller erwartet aber nicht, dass schon 2015 ein neuer Oberhirte auf dem Domberg einzieht. Auch der Apostolische Administrator Grothe geht offenbar davon aus, dass er noch eine Weile in Limburg bleiben wird. Das sei der Wunsch des Papstes, schreibt er in einem vor kurzem veröffentlichten Brief an die Gemeinden. »Der Heilige Vater möchte, dass ich (...) die Sedisvakanz (die Zeit ohne Bischof) mit Ihnen für einen dann folgenden Neuanfang gestalte.« Es seien bereits wichtige Schritte unternommen worden. »Ich bin zuversichtlich, dass uns gemeinsam der Einstieg in einen Neubeginn gelingen kann, und ich spüre, dass Vertrauen erneuert wird.« Er wünsche sich, dass das Bistum Limburg weiter zusammenwachse - und zu einem gesunden Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zurückfinde. »Wir sind dabei, dass sich die Dinge entkrampfen«, fasst Ingeborg Schillai die Lage zusammen, die Präsidentin der Diözesanversammlung, der gewählten Vertretung der Katholiken. Die Aufarbeitung mit den kurialen und synodalen Gremien laufe und sie klappe mit Grothe sehr gut. Sie spüre zudem, dass viele Menschen die Bistumsarbeit kritischer begleiteten. »Nicht ohne Vertrauen, aber kritischer.« Viele seien ungeduldig, weil noch kein neuer Bischof in Sicht sei. Schillai hofft, dass dennoch die Limburger im kommenden Jahr wieder den Blick mehr auf ihren Auftrag als Christen lenken könnten, indem man für andere da sei.

Die Seelsorge solle wieder stärker im Mittelpunkt stehen, sagt Pfarrer Paul Lawatsch aus dem Kirchenbezirk Hochtaunus. Die Gemeinden hatten in der Vergangenheit nicht nur die »Causa Tebartz« zu verkraften, sondern einige von ihnen mussten auch Umstrukturierungen durchmachen. Neben der Seelsorge nennt Lawatsch die weitere Aufarbeitung des Skandals um Tebartz-van Elst als wichtige Aufgabe für 2015. Auch der Wunsch der Gläubigen nach einem neuen Bischof sei da. Aber: Dessen Abwesenheit mache sich auf der Gemeindeebene nicht so sehr bemerkbar.

Der Vatikan in Rom schweigt indes. Es gibt weiterhin keine Signale, was aus Tebartz-van Elst und wer sein Nachfolger werden soll. Der Papst will wohl erst sicher sein, dass die Krise im Bistum ein gutes Stück aufgearbeitet ist. Als er im März Tebartz-van Elst abberief, appellierte er an die Limburger, »in ein Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung zurückzufinden«. dpa/nd

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