»Die Luft ist dünn«

Dem »bekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt« droht zum Jahreswechsel die Zwangräumung - dabei steht noch ein Gerichtsentscheid aus

  • Lesedauer: 3 Min.
Für Friedhelm Adolfs läuft die Schonfrist in seiner alten Mietwohnung ab. Die Zwangsräumung könnte dem Raucher unmittelbar bevorstehen - bevor der BGH den prominenten Fall verhandelt.

Düsseldorf. Für Friedhelm Adolfs (76), den sein Anwalt zum »bekanntesten Raucher nach Helmut Schmidt« gekürt hat, läuft die Schonfrist im Rechtsstreit mit seiner Vermieterin läuft am Jahresende ab. Das Düsseldorfer Landgericht hatte die fristlose Kündigung durch die Hauseigentümerin für rechtmäßig erklärt - wie schon die Vorinstanz.

Der Raucher hatte nach Überzeugung des Landgerichts seine Hausnachbarn in Düsseldorf mit Zigarettenqualm belästigt. Er habe den Qualm in den Hausflur ziehen lassen, unzureichend gelüftet und seine Aschenbecher nicht geleert. Als Warnschuss für Millionen Raucher hatten die Urteile für Aufsehen gesorgt (Az.: 21 S 240/13). Das Landgericht hatte Mieter Adolfs wegen seines hohen Alters aber eine Frist bis zum Jahresende eingeräumt.

Nun muss der 76-Jährige ab dem Jahreswechsel mit dem Gerichtsvollzieher und der Zwangsräumung seiner Mietwohnung in Düsseldorf rechnen. Adolfs selbst glaubte sich vor wenigen Tagen noch in Sicherheit: »Ich habe ja die geforderte Sicherheitsleistung hinterlegt«, sagte er. Noch ausstehende Nebenkosten, die zwischenzeitlich für weiteren Ärger gesorgt hatten, habe er auch beglichen. Er gehe davon aus, dass er bis auf Weiteres in der Wohnung bleiben könne, sagte Adolfs. Doch die Anwältin seiner Vermieterin hält das für einen »Irrtum« des Rentners. Die Vermieterin werde ebenfalls eine Sicherheitsleistung hinterlegen, sagte Anwältin Carmen Griesel kurz vor Weihnachten der dpa. Damit würde das Räumungsurteil wieder vollstreckbar - unabhängig von der Tatsache, dass der Fall noch beim Bundesgerichtshof (BGH) liegt.

Der BGH hat dieser Tage einen Verhandlungstermin bestimmt und dabei einen besonderen Tag gewählt: den 18. Februar. An diesem Aschermittwoch will das Gericht den Fall um nicht geleerte Aschenbecher verhandeln. Das teilte Rechtsanwalt Peter Wassermann mit, der Adolfs als Revisionsexperte vor dem BGH vertritt. »Das ist begrüßenswert früh«, sagt Anwältin Griesel. Unklar ist, ob der BGH bis dahin die Räumung aussetzen wird. Das Bundesgericht gab dazu trotz mehrfacher Anfrage keine Stellungnahme ab. Die BGH-Entscheidung in der Sache wird ohnehin mit Spannung erwartet: Zwar ist das Rauchen in den eigenen vier Wänden grundsätzlich erlaubt, aber es hat seine Grenzen im Recht auf körperliche Unversehrtheit der Nachbarn. Wo genau diese Grenze verläuft, dass könnten die Bundesrichter nun Millionen Rauchern und ihren nichtrauchenden Nachbarn aufzeigen.

Michaelo Damerow, Geschäftsführer des Düsseldorfer Mietervereins, ist besorgt: »Die Luft ist dünn für Adolfs«. In seiner Situation einen weiteren Räumungsaufschub vor Gericht zu erzielen, sei schwierig, wenn auch nicht aussichtslos: »Wenn er erstmal aus seiner Wohnung raus ist, nützt ihm ein Sieg vor dem Bundesgerichtshof später auch nicht mehr viel. Dann sind Fakten geschaffen.« dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal