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Therapiebad in trockenen Tüchern

Aktionen gegen Stilllegung des Beckens in Kloster Lehnin scheinen Erfolg zu haben

987 Unterschriften für den Erhalt des Therapiebeckens der Evangelischen Kliniken Lehnin wurden gesammelt. Eine Lösung bahnt sich an.

Max Jannik aus Krahne leidet an Kongenitaler Muskeldystrophie, einer von Geburt an bestehenden Muskelschwäche. Deswegen benötigt der 12-jährige Junge sein ganzes Leben lang Krankengymnastik in einem Bewegungsbad. Bisher erhält er die Therapie im Rehabilitationsschwimmbecken der Evangelischen Kliniken Luise-Henrietten-Stift Lehnin. Doch dem Becken drohte jetzt die Stilllegung aus Kostengründen - und einer andere Möglichkeit gibt es in der Gegend nicht.

Kein Wunder, dass sich auch Max Janniks Vater eingetragen hat, als Unterschriften gegen die Schließung gesammelt wurden. 987 Unterschriften sind innerhalb von nur vier Wochen zusammen gekommen, was in einer ländlichen Region und in einer kleinen Gemeinde wie Kloster Lehnin eine erstaunliche Zahl ist. Der Landtagsabgeordnete Andreas Bernig (LINKE), der selbst in der Gemeinde lebt, hat die Listen inzwischen übergeben.

Zuvor hat er eine Reihe von Briefen geschrieben: an Chefarzt Jens Peter Bork, an den Kaufmännischen Direktor Wolfgang Taciak, an Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) und an Rainer Knerler, den Vorsitzenden des Verwaltungsrats der Krankenkasse AOK Nordost. Seine Argumente waren in etwa immer die selben: Nach dem Bekanntwerden der Absicht, das Therapiebad zu schließen, sei die Empörung unter den Nutzern groß. Neben der Klinik verwende auch der Kreissportbund Potsdam-Mittelmark das Bad und außerdem machen mehrere Physiotherapeutinnen dort ihre Angebote. »Unter anderem gibt es Angebote für Aquafitness und Babyschwimmen. Diese Angebote werden von über 1000 Menschen genutzt und sind sehr nachgefragt«, schrieb Bernig. Im Umkreis von 25 Kilometern gebe es nichts Vergleichbares. Dabei sei davon auszugehen, dass der Bedarf durch die insgesamt älter werdende Bevölkerung wächst und durch Anbieter in weiter Entfernung nicht gedeckt werden könnte.

Der Abgeordnete bat den Chefarzt, den Kaufmännischen Direktor, die Gesundheitsministerin und den AOK-Verwaltungsrat, jeweils zusammen mit den anderen eine Lösung zu suchen und zu finden. Der Aufwand hat sich gelohnt. In die Sache ist Bewegung gekommen. Direktor Taciak bedankte sich ausdrücklich für die Unterschriftensammlung. »Die Aktion hat Dynamik in die Gespräche gebracht und Aufmerksamkeit erweckt«, lobte er. Die Lösung des Problems sei auf dem Weg. Anne-Britt Möhr, Geschäftsführerin Stationäre Versorgung bei der AOK, pflichtete bei, dass die mittlerweile geführten Gespräche einen Weg aufgezeigt haben.

Mehr, also Konkreteres, gebe es im Moment zu der Sache nicht zu sagen, bedauert Alexander Schulz, Leiter des Referats Kommunikation und Strategiemanagement beim Evangelischen Diakonissenhaus Berlin-Teltow-Lehnin, zu dem die Lehniner Kliniken gehören.

Aber die Verlautbarungen hören sich soweit schon ganz gut an. Immerhin hatte Direktor Taciak gleich zu Beginn der Turbulenzen - als er bestätigte, dass die Stilllegung zum 1. April kommenden Jahres erwogen werde - unmissverständlich gesagt: »Primärer Wille ist der Erhalt.« Das die Schließung überhaupt ins Auge gefasst wurde, begründete er mit den Kosten. Das 8,40 Meter lange und fünf Meter breite Becken wurde mit dem Neubau der geriatrischen Klinik im Jahr 2003 in Betrieb genommen. Es sei schon länger ein Zuschussgeschäft, erklärte Taciak. Jährlich 50 000 Euro benötige man für den Betrieb, nur die Hälfte des Geldes komme herein, da die Krankenkassen diese spezielle Leistung nicht zusätzlich honorieren. Nun sei auch noch seit März 2014 die Kostenzusage der AOK für die geriatrische Rehabilitation um fast 50 Prozent gekürzt, und wegen der zunehmend vielen alten Menschen mit Mehrfacherkrankungen kämen auch immer weniger Patienten für eine Behandlung im Wasser in Frage. Inzwischen seien es nur noch drei bis fünf Patienten pro Woche. Es gelte deshalb, neue Nutzer des Therapiebades zu finden.

Hier liegt offenbar der Schlüssel zur Lösung des Problems. Allein der Sportbund schicke 800 Menschen in das Becken, erzählt der Landtagsabgeordnete Bernig. Theoretisch wären genug Leute da, die Interesse an einer Benutzung des Schwimmbeckens haben. Es müsse nur organisiert werden. Einen Beleg dafür sieht Bernig auch in dem großen Zuspruch bei der Unterschriftenaktion. Es hätten sicherlich noch viel mehr Menschen unterzeichnet, wenn man weiter gesammelt hätte.

Der Abgeordnete hatte bereits im August davon erfahren, dass die Klinikleitung mit dem Gedanken spiele, das Wasser abzulassen. Als sich die Hinweise verdichteten, legte er Ende November los. Der Kreissportbund stieg dann mit ein. Bernig zeigt sich zuversichtlich: »Ich gehe davon aus, dass wir das Becken erhalten können.«

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