Geisterprojekte für 32 Millionen Euro

Nationalversammlung von Laos fordert Plantreue und besseres Finanzmanagement

  • Alfred Michaelis, Vientiane
  • Lesedauer: 3 Min.
An Staatsangestellten wird im südostasiatischen Laos schon gespart. Das soll auch für Investitionen gelten, die es gar nicht geben dürfte.

Wenn sich die westliche Welt auf Weihnachten vorbereitet, tritt traditionell die laotische Nationalversammlung zu ihrer zweiten jährlichen Tagungsperiode zusammen. Seit zwei Jahren steht dabei ein Thema ganz oben auf der Tagesordnung: das liebe Geld oder besser dessen Fehlen.

Die Lage ist ernst. Sie ist sogar so ernst, dass den Staatsangestellten schon vor Jahresfrist eine Entschädigung gestrichen worden war. Später wurden auch die für 2014 versprochenen Gehaltserhöhungen ausgesetzt. Dennoch warteten vielerorts Lehrer und Verwaltungsangestellte zum Teil monatelang auf ihr Geld.

Seit der Parlamentssitzung im vergangenen Dezember versuchen die Behörden mit aller Macht, Steuern und Abgaben einzutreiben. Mit mäßigem Erfolg. Auch der schon reduzierte Jahresplan der Haushalteinnahmen wurde deutlich verfehlt.

Auf der anderen Seite deckte die staatliche Kontrollbehörde auf der aktuellen Tagung Verschwendung in beeindruckenden Größenordnungen auf. Für 254 Investitionsvorhaben hat der Staat im letzten Finanzjahr das Geld in Höhe von insgesamt umgerechnet 430 Millionen Euro oder knapp 20 Prozent der Haushalteinnahmen der Volksrepublik komplett überwiesen. Doch die Projekte wurden nicht fertiggestellt.

Eine Tiefenprüfung in der Nordprovinz Oudomsay brachte gar eine neue Rubrik staatlicher Vorhaben zutage: Geisterprojekte. Für 25 Vorhaben waren demnach umgerechnet 32,4 Millionen Euro überwiesen worden. Die Projekte existieren aber offenbar nur auf dem Papier, in der Praxis war nichts geschehen.

Dabei sind einige Entscheidungen von Parlament und Regierung durchaus geeignet, Kreativität im Umgang mit Staatsgeldern anzuregen. So hatte das Parlament 2012 beschlossen, die Finanzierung von Investitionen einfach zu untersagen, wenn sie außerhalb des von der Nationalversammlung beschlossenen Plans begonnen wurden. Da bei vielen solcher Projekte Leistungen erbracht worden waren, ist es naheliegend, dass Firmen auf Bezahlung drängen.

Die staatliche Auftraggeber suchen ideenreich nach neuen Geldquellen, um die Schulden zu begleichen. Letztlich läuft vieles auf einen Machtkampf zwischen einer immer selbstbewusster agierenden Nationalversammlung und der in die Verantwortung genommenen Zentralregierung auf der einen sowie Fachministerien und Provinzen auf der anderen Seite hinaus.

Das Verbot neuer außerplanmäßiger Vorhaben hatte ein Provinzgouverneur mit der Bemerkung vom Tisch gewischt, die Infrastrukturinvestition in seiner Provinz sei notwendig. Dass dies offenkundig keine Einzelmeinung ist, kann man auch daran ablesen, dass nach dem Verdikt von Parlament und Regierung 359 außerplanmäßige Projekte festgestellt wurden. Im Mai hatte die Kontrollbehörde über insgesamt 732 nicht autorisierte Vorhaben mit einem Investitionsvolumen von rund 480 Millionen Euro berichtet. Zum Vergleich: der Plan 2014/15 sieht 885 Projekte vor.

Da kein Ende der Misere abzusehen ist, fordern nun einige Parlamentarier die strenge Bestrafung der Verantwortlichen. Das wäre neu in Laos. Direkt mit solchen Forderungen konfrontiert, erklärte der stellvertretende Finanzminister, man habe schon Offizielle »in einigen Sektoren« belangt und »Teile des Geldes« zurückerhalten. Details blieb er schuldig.

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