Zwist ist nicht zwingend schädlich

Hamburgs Linkspartei blickt trotz Querelen auf solide Umfragewerte

  • Folke Havekost, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Am 15. Februar ist Hamburg zur Wahl des Landtages, der Hamburger Bürgerschaft, aufgerufen. In der von der SPD regierten Stadt blickt die LINKE einigermaßen selbstbewusst auf das Datum.

Wären die jüngsten Umfragen alleiniger Maßstab, könnte die Hamburger Linkspartei äußerst beschwingt auf das Wahljahr 2015 blicken. Satte neun Prozent prognostizierte Infratest dimap zum Urnengang am 15. Februar, eine Erhebung im Auftrag der »Hamburger Morgenpost« ergab immerhin acht Prozent für die LINKE - deutlich mehr als die 6,4 Prozent, mit denen 2008 und 2011 jeweils acht Abgeordnete der Partei in die Hamburgische Bürgerschaft eingezogen waren.

»Die Hamburgerinnen und Hamburger wollen, dass wir uns auch weiterhin für soziale Gerechtigkeit einsetzen«, bewertete Linkspartei-Spitzenkandidatin Dora Heyenn die Zahlen. »Das ist eine gute Ausgangsbasis für den anstehenden Wahlkampf.« Heyenn kann diesen Rückenwind gebrauchen, denn die populärste Politikerin der Hamburger LINKEN ist sie zweifellos - allerdings außerhalb ihrer eigenen Partei.

An Elster und Elbe zeigt sich wieder einmal: Die LINKE wird durch internen Zwist nicht zwingend unbeliebt. Die Kandidatenaufstellung Anfang November war alles andere als Friede, Freude, Eierkuchen. Heyenn wurde mit gerade 55,4 Prozent zur Spitzenkandidatin wiedergewählt - obwohl es keine Gegenkandidaten gab. Das gilt in der allgemeinen politischen Symbolik als deutliche Schlappe. Eine Kampfkandidatur gab es dann bei Listenplatz fünf, um den die beiden Parlamentarierinnen Kersten Artus und Heike Sudmann wetteiferten. Sudmann gewann 57:35, die Bürgerschafts-Vizepräsidentin Artus kündigte daraufhin ihren Rückzug an.

Einen solchen Schritt hatte auch Heyenn nach ihrem 55-Prozent-Denkzettel erwogen. Eine Viertelstunde beriet sie sich im engeren Kreis, ehe sie die Wahl annahm. Sie sei »überzeugt worden, dass ich eine große Verantwortung für diese Partei habe«, formulierte sie ironisch-distanziert. »Für die einen bin ich die rechte Ex-Sozialdemokratin, für die anderen ultra-links und für Dritte bin ich autoritär«, schildert Heyenn (bis 1999 in der SPD) ihr Image in der heterogenen Partei. Gedankenspiele, einen sozialdemokratisch geführten Senat eventuell zu tolerieren, dürften ihre Kritiker ebenso aufgebracht haben wie - auf der anderen Seite des LINKEN-Spektrums - ihr gutes Verhältnis zum studentischen Flügel der Partei, der in Hamburg traditionell radikal auftritt.

In den Wahlkampf zieht die Linkspartei jedenfalls mit der klaren Botschaft: keine Koalition, keine Tolerierung - Opposition! Das klare Versprechen, nicht die Rathausflügel wechseln zu wollen (links vom Eingang sitzt die Bürgerschaft, rechts davon der Senat), kommt ihr derzeit zugute. Offenbar setzen viele Hamburger auf eine linke Opposition zu einem durchaus wahrscheinlichen rot-grünen Rathausbündnis, das die SPD-Alleinregierung nach den Wahlen ablösen könnte.

Aus der gemeinsamen Opposition heraus gelang es LINKEN und Grünen 2013, den Volksentscheid zur Rekommunalisierung der Energienetze zu einem Erfolg zu machen. Wandern die Grünen durch das Rathausfoyer nach rechts auf die Senatsbänke, wären Heyenn & Co. vermutlich die einzigen, die in der Bürgerschaft Projekte wie eine Hamburger Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 kritisieren. Schon jetzt haben die Grünen zwar Vorbehalte angemeldet, sehen die Spiele aber eher als Chance für die Stadt.

Das unterscheidet sie von der LINKEN. »Wenn Vereine berichten, dass Judoka-Kinder nicht auf Toilette gehen können, weil die Keramik seit Jahren defekt ist, oder Vereine wegen mangelnder Kapazitäten keinen Mädchen-Fußball mehr anbieten können, ist dies ein Armutszeugnis für die Stadt«, heißt es in einer Stellungnahme. »Dass IOC, Tourismusverbände und Hotellobbys Profite scheffeln und die Rechnung allen Hamburgerinnen und Hamburgern präsentiert wird, ist den sportbegeisterten Menschen der Hansestadt nicht zuzumuten.«

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