Jugendhelfer überlastet

Ein Mitarbeiter muss bis zu 100 Familien betreuen

  • Lesedauer: 2 Min.
Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Anerkennung - die zuständige Senatsverwaltung versteht die Wünsche der Berliner Jugendämter. Erfüllen könne die Bitten aber nur ein anderer.

Berlins Jugendämter sind überlastet. Seit einem Jahr kämpfen die Mitarbeiter für mehr Personal. Im Sommer hängten sie weiße Fahnen aus ihren Fenstern, um ihre Kapitulation zu demonstrieren. An der Arbeitslast habe sich dennoch nichts geändert, sagte der Sprecher der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Tom Erdmann. Teilweise müsse ein Mitarbeiter mehr als 100 Familien betreuen. Die GEW will, dass auf eine Vollzeitstelle nur noch 28 Familien kommen.

Die Senatsverwaltung für Jugend unterstützt die Forderung. Verhandeln müssten die Bezirke aber mit dem Finanzsenator, sagte Sprecher Ilja Koschembar. Die LINKE-Abgeordnete Katrin Möller sagte, sie wäre schon zufrieden, wenn Berlin das Bundesniveau von 65 Fällen erreichen würde.

Die Mitarbeiter in den Jugendämtern hätten zunehmend mit aufreibenden Fällen zu tun, berichtete Erdmann: In den vergangenen Jahren müssten sie immer häufiger Leib und Leben der Kinder schützen. Die Beschäftigten sollten deshalb etwa 200 Euro mehr verdienen. »Leute, die Parkknöllchen schreiben, fallen aktuell in dieselbe Entgeltgruppe wie Mitarbeiter der Jugendhilfe«, kritisierte er.

Oppositionspolitikerin Möller wünschte sich nicht nur mehr Stellen und mehr Geld: Studenten müssten besser auf die Praxis vorbereitet werden, forderte sie. Außerdem bräuchten die Jugendämter mehr Zeit für den Austausch mit Kitas, Kinderheimen und Ärzten.

Die Senatsverwaltung habe im vergangenen Jahr beobachtet, dass Väter und neue Partner der Mütter häufiger als zuvor Kinder misshandelten, sagte Koschembar. »Da müssen wir sensibler werden. Das ist vor allem dann schwierig, wenn sich Mütter häufig neue Partner suchen.«

Möller beklagte außerdem das schlechte Image der Jugendämter: Die Mitarbeiter seien ständig unter Beschuss. Berichtet werde nur, wenn wieder ein Kind auf grauenhafte Weise gestorben sei. Von positiven Fällen erfahre die Öffentlichkeit selten. Dabei habe sie bisher nur engagierte Menschen getroffen. dpa/nd

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