Zehnmal mehr polnische Pendler

3611 Bürger aus dem Nachbarstaat arbeiten inzwischen in Brandenburg

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.
18,5 Prozent der arbeitslosen Ausländer in Brandenburg sind Polen, doch insgesamt sind lediglich 3,4 Prozent aller Arbeitslosen im Bundesland Ausländer.

3611 Bürger der Republik Polen pendeln inzwischen zur Arbeit nach Brandenburg. Nach Angaben des Potsdamer Arbeitsministerium sind das fast zehnmal mehr als 2011. Ab jenem Jahr galt die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union auch für die Polen. Laut Ministerium sind heute rund drei Viertel der Grenzgänger in Vollzeit beschäftigt. Fast zwei Drittel arbeiten in Betrieben mit mehr als 100 Beschäftigten. Vor allem sind Polen in Verkehrsunternehmen, Logistikfirmen und in der Sicherheitsbranche tätig. Die meisten polnischen Pendler (935) arbeiten im Kreis Teltow-Fläming. Es folgen Märkisch-Oderland (406) und Potsdam-Mittelmark (322). »Im übrigen Gebiet von Brandenburg pendeln nur ganz wenige Polen zur Arbeit.«

Als vor drei Jahren die Mauern für polnische Erwerbstätige fielen, hieß es seitens der brandenburgischen Wirtschaft, man erwarte dadurch keine Lösung des Fachkräfteproblems. Die Befürchtung, dass durch die Arbeitnehmerfreizügigkeit für Polen die Löhne in Brandenburg unter Druck geraten könnten, hat sich nicht bestätigt. Wenn die Löhne in Brandenburg weiter sehr niedrig sind, dann aus anderen Gründen.

Umfragen hatten ergeben, dass sich die Unternehmen eher wenig mit der Frage befassen, dass polnische Fachkräfte in Brandenburg Arbeit suchen könnten. Neben der Sprachbarriere gibt es nach wie vor Schwierigkeiten bei der Anerkennung polnischer Abschlüsse. Die polnische Berufsausbildung gilt - ähnlich wie die französische - als sehr »verschult«. Das bedeute, so heißt es, ein Unternehmer müsse polnische Bewerber erst testen, um herauszubekommen, welche Fähigkeiten sie haben. Aus dem Zeugnis gehe dies nicht klar hervor. Deutschland und Österreich haben sieben Jahre lang das Recht von Menschen, sich innerhalb der EU einen beliebigen Arbeitsplatz zu suchen, eingeschränkt und damit die maximal mögliche Zeitdauer gewählt. 2011 war eine Verlängerung nicht mehr möglich.

Vorbehaltlos bekannte sich die LINKE zur Öffnung des Arbeitsmarktes. Sie vertrat seinerzeit die Auffassung: »Offene Grenzen sind zentraler Bestandteil eines sozialen, solidarischen und auf gleichen Rechten beruhenden Europas - ohne Ausgrenzung und Diskriminierung. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann aber nur dann ein Schritt auf dem Weg zu einem gemeinsamen Europa werden, wenn der Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird. Ein solcher Schutzmechanismus wären der gesetzliche Mindestlohn und die Verankerung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Ausnahmetatbestände für die Leiharbeit.«

Die Ausländerarbeitslosigkeit in Brandenburg ist in den vergangenen Jahren nur unwesentlich gestiegen, allerdings ist sie nach wie vor hoch. Wie das Arbeitsministerium bekannt gab, wuchs die Zahl ausländischer Arbeitsloser im Bundesland 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 214 Personen auf 4447 an. Die Arbeitslosenrate ist zwar im Vergleich zu 2012 damit um einen Prozent gefallen, weil auch mehr Ausländer im Land leben. Gegenwärtig sind 4629 Ausländer im Bundesland arbeitslos gemeldet. Die Arbeitslosigkeit bei deutschen Staatsbürgern fiel inzwischen auf 8,6 Prozent. Insgesamt sind aber lediglich 3,4 der Erwerbslosen in Brandenburg Ausländer.

18,5 Prozent der arbeitslosen Ausländer besitzen die polnische Staatsangehörigkeit, das sind 869 Personen. Außerdem gibt es 86 bulgarische und 66 rumänische Arbeitslose.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal