Krankenpfleger gibt Serie von Morden zu

Taten erstmals im Gespräch mit Gutachter eingeräumt

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Oldenburg. Bis zu 30 Patienten soll er getötet und es bei 60 weiteren auch versucht haben: Ein unter Mordverdacht stehender Krankenpfleger hat seine Taten erstmals im Gespräch mit einem Gutachter eingeräumt. Dieser verlas am Donnerstag eine entsprechende Stellungnahme im Prozess am Landgericht im niedersächsischen Oldenburg. Demnach spritzte der Angeklagte 90 Patienten am Klinikum Delmenhorst eigenmächtig ein Herzmedikament, das schwere Komplikationen verursachte. Es könnte eine der größten Mordserien in Krankenhäusern sein. An anderen Arbeitsstätten will der Angeklagte den Angaben zufolge Patienten jedoch keinen Schaden zugefügt haben.

Damit nahm der Prozess gegen den ehemaligen Pfleger eine überraschende Wende. Der 38-Jährige ist wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs an Patienten auf der Delmenhorster Intensivstation angeklagt. Die Vorwürfe habe der Mann in den Gesprächen weitgehend eingeräumt, sagte der Psychiater vor Gericht. Er hatte sich im Dezember und Januar viermal mit dem Angeklagten getroffen. Dabei habe sich dieser zutiefst beschämt über seine Taten geäußert, an die er sich nicht vollständig erinnern könne.

Bis zu 30 Patienten starben laut der Stellungnahme des Angeklagten von 2003 bis 2005 in Delmenhorst, nachdem er ihnen das Medikament gespritzt hatte. Zu den Motiven äußerte er sich nicht. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft löste er die tödlichen Notfälle aus, um zu beweisen, wie gut er Patienten wiederbeleben kann. Später habe er aus Langeweile mit dem Leben der Kranken gespielt. Dem Gutachter sagte der Angeklagte, sein Handeln sei nicht entschuldbar. Er sei sich bewusst, dass er den Angehörigen großes Leid zugefügt habe.

Ein Ende nahm die Serie erst, als eine Kollegin den Pfleger im Sommer 2005 auf frischer Tat ertappte. Das Landgericht Oldenburg verurteilte ihn im Dezember 2008 wegen Mordversuchs zu siebeneinhalb Jahren Haft. Damals schon gab es Hinweise, dass das Ausmaß der Taten viel größer sein könnte. Gegen zwei damals zuständige Staatsanwälte wird deshalb wegen Strafvereitlung im Amt ermittelt.

Eine Sonderkommission der Polizei geht inzwischen zahlreichen Verdachtsfällen nach - auch an früheren und späteren Arbeitsstätten des Pflegers in Wilhelmshaven und Oldenburg sowie bei den Rettungssanitätern. Das Klinikum in Oldenburg hatte im vergangenen Jahr einen Experten den Tod von Patienten während der Dienstzeit des Pflegers untersuchen lassen. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass zwölf Patienten möglicherweise nicht auf natürliche Weise gestorben waren. dpa

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