Politische Leichenfledderei

Wolfgang Hübner über Reaktionen auf den Anschlag von Paris

Allzu viel Anstand durfte man von führenden Köpfen aus der ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung und der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland ohnehin nicht erwarten. Die Brüder im Geiste bedienen sich flott in der Vorratskiste der Vorurteile und kupfern politische Symbolik von überall her ab. Pegida entwickelt dabei kleptomanische Züge: Sie nennen ihre Massenaufläufe Montagsdemonstrationen und entfachen den Ruf »Wir sind das Volk«. Sie schleppen bei ihren Umzügen christliche Kreuze durch die Gegend und wenden so das Zeichen einer Religion gegen Angehörige einer anderen Religion.

Nun aber ist der vorläufige Höhepunkt der Dreistigkeit erreicht: Nach dem furchtbaren Anschlag von Islamisten auf die Redaktion des französischen Satiremagazins »Charlie Hebdo« vereinnahmen Pegida und AfD die Opfer ohne Schamfrist und unverfroren für ihre Zwecke. Brandenburgs AfD-Fraktionschef Gauland behauptet, angesichts des Attentats gewönnen die Forderungen von Pegida »besonderes Gewicht«. Und die Pegida-Organisatoren fordern ihre Anhänger auf, nächsten Montag Trauerflor für die Anschlagsopfer zu tragen. So versuchen Rassisten, Profit aus einem Mordkomplott gegen Antirassisten zu ziehen. Provinzielle Kleingeister missbrauchen das Andenken an weltoffene Freigeister. Leute, die von früh bis abends über die angebliche Lügenpresse lamentieren, heucheln Trauer um linke, undogmatische Medienmacher. Das ist politische Leichenfledderei.

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