Suhl und der Super-Dispo

Viele Thüringer Kommunen brauchen große Kassenkredite, doch die Ex-Bezirksstadt überzog

  • Sebastian Haak, Suhl
  • Lesedauer: 4 Min.
Auch für 2014 ist es der Stadt Suhl in Thüringen nicht gelungen, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Auch, weil die Kommune Kassenkredite in ungewöhnlicher Höhe aufnehmen wollte.

Kassenkredite für Kommunen sind so etwas wie Dispokredite für Privatpersonen. Sie sollen Kommunen kurzfristig und für eine kurze Zeit helfen, an Geld zu kommen, wenn es gebraucht wird, die Finanzlage aber angespannt ist. Deshalb gilt für Kommunen wie für Privathaushalte: Auf jeden Fall zurückhaltend sein mit Kassenkrediten!

Im thüringischen Suhl hatte man im vergangenen Jahr anderes vor. Dort wollten Oberbürgermeister Jens Triebel (parteilos) und die Mehrheit des Stadtrates Kassenkredite in einer Höhe aufnehmen können, die - im Verhältnis zum Haushalt der Stadt - in Thüringen vermutlich einzigartig gewesen wäre. Nach den Plänen sollte Suhl eine Kreditlinie für solche Verfügungen in Höhe von etwa 27 Millionen Euro erhalten; bei einem Volumen des Kernhaushaltes von etwa 110 Millionen Euro.

Eine solche Kredithöhe muss das Thüringer Landesverwaltungsamt in Weimar genehmigen - weil nach Angaben eines Sprechers der Behörde Kassenkredite einer Kommune nur bis zur Höhe von einem Sechstel des durchschnittlichen Haushaltsvolumens der vergangenen drei Jahre genehmigungsfrei sind. Anders ausgedrückt: Die Höhe der Kassenkredite darf in der Regel nur bei etwa 17 Prozent dieses so errechneten Haushaltsvolumens liegen. Im Fall von Suhl wären das etwa 18 Millionen Euro. Was Suhl beantragt hatte, entspräche einer Höhe des Kassenkredits von etwa 25 Prozent des dortigen kommunalen Haushaltes.

Die Finanzlage Suhls ist seit Langem auf das Äußerste gespannt. Seit Jahren hat die Stadt es nicht geschafft, einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen; trotz Sparpaketen und trotz des Verkaufs von Anteilen am damaligen Energieversorger E.on Thüringen, für die die Stadt etwa 100 Millionen Euro bekam.

Wie vergleichsweise hoch die Summe ist, die sich Suhl als Kassenkreditlinie genehmigen lassen wollte, zeigt, dass selbst die Thüringer Pleite-Städte Eisenach und Gera relativ gesehen einen nicht einmal annähernd so hohen Rahmen für Kassenkredite haben. Nach Angaben einer Sprecherin der Stadtverwaltung Eisenach liegt der entsprechende Kreditrahmen in der Wartburgstadt bei etwa 15 Millionen Euro bei einem Haushaltsvolumen von etwa 100 Millionen Euro, macht eine relative Höhe von 15 Prozent. In Gera liegt die Kassenkreditlinie nach Angaben eines Sprechers der Stadtverwaltung bei etwa 50 Millionen Euro, bei einem Haushaltsvolumen von etwa 245 Millionen Euro - was einer relativen Höhe von etwa 20 Prozent entspricht.

Das Landesverwaltungsamt hatte der Stadtverwaltung Suhl kurz vor Weihnachten mitgeteilt, dass es deren Haushaltsentwurf für 2014 nicht genehmigen könne. Daraufhin hatte Triebel massive Kritik an der Behörde geübt. Dass die beantragte Höchstgrenze des Kassenkredits der Suhler ein Grund für die Nicht-Genehmigung des Finanzplans war, wollte der Sprecher des Landesverwaltungsamtes weder bestätigen noch dementieren. Die Kritik Triebels wollte er nicht direkt kommentieren. »Wir haben auf den Haushaltsentwurf der Stadt zeitnah reagiert«, sagte er.

Auch ein Treffen Triebels mit Vertretern des Landesverwaltungsamtes führte - schon aus formalen Gründen - nicht zu einer Genehmigung des kommunalen Haushaltes für 2014. Beide Seiten erklärten stattdessen, man habe sich darauf verständigt, gemeinsam dafür sorgen zu wollen, dass die noch kreisfreie Stadt für das laufende Jahr einen gültigen Haushalt aufstellen kann.

Dass Landkreise und kreisfreie Städte, die auf einem mehr oder weniger gesicherten finanziellen Fundament stehen, mit Kassenkrediten unterhalb der Genehmigungsgrenze auskommen, zeigen die Beispiele der Städte Erfurt, Jena, Weimar oder des Landkreises Schmalkalden-Meiningen. Erfurt darf nach Angaben der Stadtverwaltung Kassenkredite von bis zu 90 Millionen Euro aufnehmen - bei einem Haushaltsvolumen von etwa 585 Millionen; macht eine relative Höhe von 15 Prozent am Gesamthaushalt. Jena darf bis zu 15 Millionen Euro, Weimar bis zu 25 Millionen Euro Kassenkredite aufnehmen, jeweils nach Angaben der dortigen Verwaltungen. Bei Gesamthaushaltshöhen von 275 beziehungsweise etwa 150 Millionen Euro sind das anteilige Höhen von fünf und 17 Prozent.

Ein Sprecher des Landkreises Schmalkalden-Meiningen sagte, die Kommune habe einen Rahmen für Kassenkredite von zehn Millionen Euro, bei einem Gesamthaushaltsvolumen von 200 Millionen Euro - was einer relativen Höhe von fünf Prozent entspricht. Wie hoch die Linie für Kassenkredite im Pleite-Landkreis Unstrut-Hainich ist, bleibt unklar. Die dortige Verwaltung ließ eine entsprechende Anfrage unbeantwortet.

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