Berliner Wirtschaft auf Wachstumskurs

Unternehmensverbände erwarten 2015 ein Plus von 1,5 Prozent - rund 25 000 neue Jobs und weniger Arbeitslose

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Wirtschaft in Berlin wächst stärker als im Bundesdurchschnitt. Damit das so bleibt, fordern die Unternehmen Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Personal.

Die Wirtschaft in Berlin könnte sich auch 2015 besser entwickeln als im Bundesdurchschnitt. Zu dieser Einschätzung kommen die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). »Es spricht einiges dafür, dass das Wachstum in Berlin mit rund 1,5 Prozent erneut höher liegt«, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck am Dienstag in Berlin. »Dies dürfte einhergehen mit einem Aufbau von Arbeitsplätzen. Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Zuwachs von 25 000 Arbeitsplätzen«, sagte er.

Als Erfolgsfaktoren der dienstleistungsorientierten Berliner Wirtschaft nannte Amsinck neben dem Berlin-Tourismus vor allem die unternehmensnahen Dienstleistungen IT und Kommunikation, Beratung und Vertrieb aber auch die Wachstumsbranche Gesundheit und Start-ups.

Der UVB rechnet für 2015 mit einem weiteren Rückgang der Zahl der Arbeitslosen auf unter 200 000 im Jahresdurchschnitt. Diese noch immer große Zahl schließe aber etwa 120 000 »eher un- und angelernte Kräfte« ein, deren Vermittlung laut Amsinck immer schwieriger werde.

»Der Senat muss weiter alles dafür tun, die Standortbedingungen zu verbessern«, so der UVB-Chef. Beispielhaft sei die Investition zurückfließender BAföG-Mittel in Hochschulen und Schulen. Zugleich verwies er auf das hohe Interesse der Wirtschaft an einer verbesserten Personalausstattung im öffentlichen Bereich - nicht zuletzt in den Bezirken.

Amsinck begrüßte die Beschlüsse der jüngsten Senatsklausur, Haushaltsüberschüsse sowohl für Investitionen als auch für die Schuldentilgung zu verwenden. Berlin habe 2014 einen Überschuss von 800 Millionen Euro erzielt, »für Berliner Verhältnisse ein Traum«. Doch eingedenk der 61 Milliarden Euro Schulden der Stadt erinnerte er daran, dass Berlin gleichzeitig überdurchschnittlich von Einnahmen aus dem Solidarpakt und dem Länderfinanzausgleich profitiere. Ohne Mittel aus dem Länderfinanzausgleich werde es auch nach 2020 nicht gehen. Amsinck sprach sich für eine Fortführung des Solidarbeitrags zur Finanzierung der Infrastruktur aus, die dringend ertüchtigt werden müsse.

Angesichts der steigenden Einwohnerzahl - sie wuchs in den letzten drei Jahren um 130 000 - müsse der Fokus auf dem Ausbau von Krankenhäusern, Kitas, Schulen und Straßen liegen. Investitionen in die »wachsende Stadt« seien das Thema schlechthin in den nächsten Jahren. Erfreut zeigte sich der UVB daher über die beabsichtigte Verlängerung der A100 »mindestens bis zur Frankfurter Allee« als dringend notwendige Entlastung der Innenstadt.

Als positive Herausforderung und große Chance für die Hauptstadt betrachtet der UVB die Olympia-Bewerbung für 2024. »Berlin ist eine Sportstadt. Die Zeit ist reif für eine solche Bewerbung«, so Amsinck. An diesem Projekt könnten Berlin und Brandenburg gemeinsam wachsen.

Eine vorsichtig positive Einschätzung trafen die Unternehmensverbände beim Thema Hauptstadtflughafen. »Wir haben den Eindruck, dass der Aufsichtsrat das Problem BER zunehmend in den Griff bekommt«, so Amsinck. Das Terminband 2017 erscheine möglich und realistisch. Nun müsse vor allem schnell ein fähiger Geschäftsführer gefunden werden.

Berlin braucht Zuwanderung, allein schon aus demografischen Gründen - so lautet die Antwort der Wirtschaft auf die derzeitige Pegida-Debatte. »Politik und Wirtschaft haben sich zu lange um klare Positionen herumgedrückt«, resümierte Amsinck. Zuwanderung erfordere aber große Investitionen in Sprach- und Schulbildung, Zuwendung und Integration. Das sei sinnvoll und erklärbar.

Mit Blick auf die Debatte um die Rekommunalisierung der Energienetze begrüßte Amsinck die Absicht des Senats, eine Kooperation mit der Wirtschaft anzustreben. »Dies macht aber nur Sinn, wenn die unternehmerische Führung bei der Wirtschaft liegt«, betonte er. Bei den Privaten sei nun einmal das entsprechende Know-how vorhanden.

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