Weiter Weg bis nach Astana

Moskau setzt auf Beteiligung aller Kräfte

  • Irina Wolkowa, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.
Nicht die militärischen Probleme sind für Russland das größte Hindernis bei der Lösung des Ukrainekonfliktes.

Leitartikler der Moskauer Tageszeitung »Kommersant« erteilten dem Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine, die sich Dienstagmorgen in Berlin in Katerstimmung trennten, die Note vier: mangelhaft. Nachsitzen sei daher nicht zu vermeiden. Mindestens drei weitere Runden - zwei Treffen auf Ebene der Planungschefs und eine neue Tagung der Außenamtschefs - so das Blatt unter Berufung auf russische Delegationskreise, seien erforderlich, um die Kuh vom Eis zu zerren. Das wäre dann ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs im sogenannten Normandie-Format, der Ende dieser Woche in Kasachstans Hauptstadt Astana geplant war. Er ist aus Sicht der Akteure wie ihrer Beobachter »alternativlos«.

Doch derzeit gibt es nicht mal einen konkreten Terminplan. Denn der Weg nach Astana ist im Sinne des Wortes, vor allem aber im übertragenen, weit und hat nur Sinn, wenn bei der Realisierung der Minsker Vereinbarung, die im September unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zustande kam, reale Fortschritte erzielt wurden. Bisher indes konnten weder die OSZE-Kontaktgruppe noch die vier Außenminister und deren Planungschefs liefern.

Wie aus russischen Delegationskreisen verlautete, wurde in Berlin besonders heftig um den Verlauf einer Demarkationslinie gerungen, die den geordneten Rückzug von Truppen der ukrainischen Regierung wie der prorussischen Separatisten aus dem Kampfgebiet und damit eine stabile Einhaltung der Waffenruhe ermöglicht. Differenzen zu Konfigurationen, rügte Russlands Außenminister Sergei Lawrow, müssten als Vorwand für den neuerlichen Einsatz schwerer Waffen herhalten. Adressat war die »Partei des Krieges« in Kiew. Auf sie, so der Diplomat, möge der Westen doch bitte Einfluss nehmen. Eben das verlangen ihrerseits Deutschland, Frankreich und die Ukraine von Moskau mit Blick auf die prorussischen Separatisten.

Truppenentflechtung und eine stabile Waffenruhe, so der Tenor russischer Medien, seien jedoch vor allem technische Probleme, die von Diplomaten - im Bedarfsfall assistiert von Militärs - gelöst werden können. Nicht so eine Verfassungsreform mit Beteiligung der Regionen und aller politisch relevanten Kräfte der Ukraine, worauf Moskau besteht.

So sah es auch eine von Deutschland, Frankreich und Polen im Februar 2014 vermittelte Vereinbarung zwischen dem damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und der Opposition vor. Die neue Macht in Kiew will davon jedoch nichts wissen und verhindere, so das Amtsblatt der russischen Regierung »Rossiskaja Gasjeta«, dass das Problem beim Krisenmanagement im Normandie-Format überhaupt auf die Tagesordnung komme. Daher, so Lawrow gegenüber dem Blatt, sei es schwierig, sich bei anderen Fragen zu einigen.

Von Europa enttäuscht, wolle der ukrainische Präsident Petro Poroschenko die USA bei den Gipfelvorbereitungen mit ins Boot holen, schreibt die in Kiew erscheinende russischsprachige Tageszeitung »Sewodnja«. Details sollen demzufolge auf der Münchner Sicherheitskonferenz Anfang Februar erörtert werden. Poroschenko hat seine Teilnahme bereits zugesagt, die Anwesenheit von Kremlchef Wladimir Putin gilt wegen der Spannungen mit dem Westen als unwahrscheinlich.

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