Kinder Gottes

CSU & Islamismus

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein bisschen wie mit dem sabbernden Onkel auf der großen Familienfeier, der die neben ihm Platzierten bevorzugt mit allerlei altbackenem Mumpitz belästigt und gelegentlich laut polternd verlangt, dass endlich die Negermusik leiser gestellt werden möge: Eigentlich möchte man nichts mit ihm zu tun haben, aber ganz so einfach loswerden kann man das Familienmitglied auch nicht. Der Onkel gehört nun mal dazu, und im Grunde teilt man ja traditionell auch seine Ansicht bzw. seine Geschmacksvorlieben, was eine von Unrat gesäuberte kulturelle Landschaft angeht. So in etwa, darf man vermuten, sieht auch das Verhältnis des fundamentalistischen Flügels der CSU zum Islamismus aus, mit dem sie, was den mal unbeholfenen, mal zensur- und verbotswütigen Umgang mit Humor und künstlerischer Freiheit anbetrifft, zuweilen mehr gemein zu haben scheint, als der Partei lieb ist.

Diverse »Islamgelehrte«, die gegenwärtig erstaunlicherweise neben ihrer kräftezehrenden Theologentätigkeit in ihren äußerst knapp bemessenen Mußestunden obendrein Zeit finden für eine ausgedehnte ehrenamtliche Tätigkeit als Kunstsachverständige, laufen derzeit Sturm, weil manch ein Künstler immer noch Ungehorsam zeigt. Und das eine Woche, nachdem man der unbelehrbaren Künstlersippe mit Hilfe einer nicht unaufwendigen kulturpolitischen Intervention, nämlich dem beherzten Einsatz eines Raketenwerfers, doch gezeigt hat, was gemalt werden darf und was nicht!

Und während hierzulande die Grünen die Abschaffung des mittelalterlichen »Gotteslästerungsparagraphen« 166 fordern, ist es dem Stephan Mayer (CSU) vom Gotteskriegerflügel seiner Partei ein Anliegen, den Ungläubigen zu zeigen, dass man nicht ungestraft über Gott bzw. den Lattenjupp spottet. »Eher sollte über die Anhebung des Strafrahmens gesprochen werden als über eine Abschaffung des Paragrafen 166 Strafgesetzbuch«, sagte Mayer, der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Wer die falschen Witze macht (also diejenigen, die sich über die CSU und die religiösen Quatschrituale ihrer katholischen Wählerschaft lustig machen), soll gründlich bestraft werden für seine Hoffärtigkeit und Aufsässigkeit. Wenn auch nicht ganz so effektiv wie zu den goldenen Zeiten der Hexenverbrennung.

Da sind die Fundamentalisten von der CSU dem Mullah von nebenan ziemlich nah: Wenn - wie es der verstorbene Künstler Wolfgang Herrndorf einst getan hat - Kruzifixe gezeichnet werden, die als Klopapierrollenhalter dienen, beschwert man sich und gibt schnurstracks die beleidigte Leberwurst, so wie der Islamist gleich überschnappt und hyperventiliert, wenn irgendwer unerlaubterweise einen Mann mit Bart und Turban malt. Der Unterschied scheint mir hauptsächlich in der Wahl der Mittel zu liegen, derer sich CSU-Fundis und Islamisten bedienen. Da könnte die Dschihad-Fraktion selbst von der CSU noch etwas lernen: Bei künftigen sogenannter Mohammed-Karikaturen bitte erst mal eine schriftliche Beschwerde beim Deutschen Presserat einreichen. Die CSU sprengt ja auch nicht gleich Zeitungsredaktionen und deren Mitarbeiter in die Luft, wenn ihr ein Titelbild nicht gefällt.

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