Zweiter Anlauf. Ziel: zehn Prozent mehr Lohn

Die Auseinandersetzung um die Beschäftigten der Sozial- und Erziehungsdienste geht in die nächste Runde

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 3 Min.
Den Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten steht eine harte Tarifauseinandersetzung bevor. Sie wollen die Aufwertung ihrer Arbeit erreichen. Der Weg sind neue Eingruppierungen.

Während die Ansprüche an ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen und -pädagogInnen stetig zugenommen haben, ist eine Anerkennung der Leistung durch höhere Bezahlung bislang ausgeblieben. Öffentlich thematisiert werden Qualitätssicherung in Kitas, Inklusion und Kindeswohlgefährdung. Die Entlohnung der Beschäftigten hat aus Sicht der Gewerkschaften mit den formulierten Erwartungen nicht Schritt gehalten.

Schon lange fordern sie eine Aufwertung der Arbeit durch neue Eingruppierungsvorschriften. Im Jahr 2009 wurde für dieses Ziel dreizehn Wochen lang gestreikt, vor allem die Beteiligung von Kitabeschäftigten am Arbeitskampf konnte Druck und Aufmerksamkeit erzeugen. Am Ende aber stand lediglich der »Einstieg in die Aufwertung«, hieß es damals von ver.di, und: »Wir kommen wieder!«

Mit der Kündigung der Entgeltordnung für den kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst zum 31. Dezember 2014 durch die DGB-Gewerkschaften ver.di, Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie den deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSA), der Mitglied im Beamtenbund dbb ist, liegt das Thema erneut auf dem Tisch. Im Fokus steht die Neubewertung der Tätigkeiten, die über die Eingruppierung und damit die Bezahlung entscheiden. Dabei würden aus Arbeitnehmersicht auch eine Reihe anderer Probleme existieren, heißt es bei ver.di, etwa die Arbeitsbedingungen, der Betreuungsschlüssel oder der hohe Anteil an unfreiwilliger Teilzeitbeschäftigung - in Kitas liegt er bei rund 60 Prozent.

Die Eingruppierungen orientieren sich an einer 24 Jahre alten Regelung, für die wiederum größtenteils seit 1970 ausformulierte Tätigkeitsmerkmale übernommen wurden. Diese entsprächen nicht mehr den veränderten Bedingungen der Sozial- und Erziehungsarbeit, kritisieren die drei Gewerkschaften übereinstimmend. Einige Berufsfelder werden in der bestehenden Entgeltordnung gar nicht berücksichtigt, ebenso wenig Qualifizierungen, mit denen Beschäftige den Anforderungen erst gerecht werden.

Die Neueingruppierungen laufen beispielsweise bei ver.di auf durchschnittlich zehn Prozent mehr Einkommen hinaus. Die GEW verlangt unter anderem die Anrechnung von Berufserfahrung in der Eingruppierung in Entgelttabellen, egal bei welchem Arbeitgeber sie erworben wurde, sowie zusätzliche Tätigkeitsmerkmale für SchulsozialarbeiterInnen, Fachberatung und KindheitspädagogInnen in der Entgeltordnung. Der dbb fordert überfällige Anpassungen bei den Eingruppierungen und ebenfalls die Überprüfung der Tätigkeitsmerkmale. Dazu kommt vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden Personalmangels dadurch, dass viele Beschäftigte in den nächsten Jahren in Rente und Ruhestand gehen, die Forderung nach Verbesserungen im Gesundheitsmanagement und für die Jugend.

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hält dagegen, dass die Gehälter der Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst stärker gestiegen seien als in anderen Bereichen des Öffentlichen Dienstes. Zudem verweist die VKA auf leere öffentliche Kassen. Betroffen von einer Neuregelung wären rund 720 000 Beschäftige.

Die Gewerkschaften scheinen fest entschlossen, 2015 zu erreichen, was 2009 noch vertagt werden musste. Mit einer langen und konfliktreichen Tarifrunde sowie Streiks ist zu rechnen. Der dbb trommelt seit Donnerstag mit einer Serie von Veranstaltungen in den eigenen Reihen für die im Februar beginnende Tarifrunde.

Begleitend zu den anstehenden Tarifverhandlungen wendet sich ver.di unter dem Motto »Richtig gut! Aufwerten jetzt!« mit Flugblättern, Plakaten und Briefen an die Öffentlichkeit. Diese in die Auseinandersetzung einzubeziehen und Verständnis zu erzeugen ist schon deshalb von Bedeutung, weil vor allem Eltern Streikfall einiges abverlangt würde. Das sieht auch der Landeselternbeirat der Kindertagesstätten NRW so und wendet sich daher in einer gemeinsamen mit dem Landesbezirk ver.di und der GEW NRW herausgegeben Erklärung vom 22. November 2014 an die Arbeitgeber mit der Aufforderung, Streiks durch ein schnelles, »tragbares Angebot« zu verhindern. Sollten die Verhandlungen scheitern, kündigte er bereits seine Unterstützung an. »Die Ausübung des Streikrechts ist hierbei legitimes Mittel.«

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