nd-aktuell.de / 17.01.2015 / Kultur / Seite 10

Bedrohtes Kulturgut

Nachdem kürzlich bekannt wurde, dass der US-Kapitalismus durch das Freihandelsabkommen TTIP regionalspezifischen Spezialitäten wie dem Schwarzwälder Schinken und dem Holländischen Gauda den Garaus machen will, hat selbst die »Bild«-Zeitung, die ansonsten zu den eisernsten Transatlantikern gehört, erkannt, dass TTIP »ein Fanal für Verbrauchertäuschung« ist.

Meist liegt allerdings ein Fall von Selbsttäuschung vor. Vor gut einem Jahr testete der TV-Koch Christian Rach den Geschmackssinn italienischer Hausfrauen. Die hatten behauptet, dass sie den guten Mozzarella (also den original italienischen) vom schlechten (also der Importware aus Deutschland) blind unterscheiden können. Am Ende setzten sie aber die Käsekugel aus deutscher Discounterproduktion auf den ersten Platz.

Dass das Gefühl, durch die Medien wie von der Politik permanent getäuscht zu werden, berechtigt ist, zeigt ein anderes Beispiel. So verschweigen die Mainstreammedien, dass ein eine ganze Generation deutscher Kleinbürger prägendes Kulturgut allmählich aus dem öffentlichen Raum verschwindet: der Jägerzaun. In den 1970ern, als er die Demarkationslinien zwischen Vorgarten und Gehweg schmückte, signalisierte er dem Fremden: Halt, bis hierher und nicht weiter!

Zum Jägerzaun gehört eine andere regionale Spezialität: Toastbrot mit Schinken, Ananas und Käse überbacken - der Hawaitoast. Kaum eine Gastwirtschaft hat ihn noch auf der Speisekarte.

Von den Hawai-Inseln war diesbezüglich jedoch noch kein Protest zu vernehmen. jam

Foto: photocase/prokop