Belgien im Alarmzustand

Ausgehobene islamistische Terrorzelle soll Polizisten im Visier gehabt haben

  • Lesedauer: 3 Min.
Belgische Polizisten sind ins Fadenkreuz islamistischer Terroristen geraten. Nur knapp vereitelten Fahnder einen Anschlag. Nun ist das Land im Alarmzustand und plant schärfere Sicherheitsmaßnahmen.

Brüssel. Mit schweren Waffen und Sprengstoff haben mutmaßliche Dschihadisten in Belgien einen größeren Anschlag auf die Polizei geplant. Neben zwei am Donnerstagabend bei einem Antiterroreinsatz getöteten Männern gehörten mindestens 13 Verdächtige zu der gesprengten Terrorzelle, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag in Brüssel mit. »Diese Gruppe wollte Polizisten auf der Straße oder in Kommissariaten töten«, sagte Staatsanwaltschaft Eric van der Sypt. Mehrere seien im Syrienkrieg gewesen.

Einsatzkräfte hatten am Donnerstag im ostbelgischen Verviers zwei Männer getötet, ein anderer wurde festgenommen. Insgesamt nahmen die Beamten in Verviers, Brüssel und Umgebung 13 Personen fest. Zwei weitere Verdächtige wurden in Frankreich gefasst. Die Behörden riefen für Belgien die zweithöchste Terrorwarnstufe aus. Der Staatsanwalt sprach von zwölf Hausdurchsuchungen. In Verviers fanden die Beamten unter anderem Kriegswaffen vom Typ Kalaschnikow AK-47, Munition, Sprengstoffe, Sprechfunkgeräte und Polizeiuniformen.

Die Identifizierung der beiden Getöteten läuft nach Angaben der Staatsanwaltschaft noch. »Der Einsatz diente dazu, eine Terrorzelle und ihr logistisches Netzwerk zu zerschlagen«, sagte der Staatsanwalt. Ob es Beziehungen zu anderen terroristischen Gruppen gebe, sei noch offen. Verbindungen zu den islamistischen Anschlägen in Frankreich von der vergangenen Woche gebe es auf den ersten Blick nicht. Belgien befand sich am Freitag im Alarmzustand. Polizeiwachen wurden verbarrikadiert, Polizisten wurden angewiesen, nicht mehr alleine auf Streife zu gehen, meldete die Agentur Belga. Die jüdischen Schulen in Brüssel und Antwerpen blieben geschlossen, sollen am Montag aber wieder ihre Tore öffnen. Im Mai 2014 hatte ein Islamist bei einem Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel vier Menschen getötet.

Die Regierung plant schärfere Sicherheitsmaßnahmen, um Anschläge künftig zu verhindern. Das Kabinett brachte dies am Freitag in Brüssel auf den Weg. So soll das Militär öffentliche Plätze und Einrichtungen schützen. Geplant ist auch eine Ausweitung von Telefon-Abhöraktionen. Der Polizeieinsatz in Verviers basierte laut dem Sender RTBF auf abgehörten Telefonaten von Terrorverdächtigen.

Belgien plant zudem Maßnahmen zum Schutz vor rückkehrenden Dschihadkämpfern aus Syrien oder Irak. Dort hat die Terrormiliz »Islamischer Staat« ein Kalifat ausgerufen, das Hunderte Kämpfer aus Europa anzieht. Verdächtigen mit doppelter Staatsbürgerschaft soll künftig die belgische Staatsbürgerschaft aberkannt werden können. Wollen mutmaßliche Dschihadisten das Land verlassen, kann ihnen der Ausweis oder Reisepass entzogen werden.

Bei der Suche nach Komplizen der islamistischen Attentäter von Paris hat die französische Polizei derweil zwölf Personen festgenommen. Diese stünden im Verdacht, den Islamisten Waffen und Autos besorgt zu haben, verlautete am Freitag aus Justizkreisen. US-Außenminister John Kerry sagte Frankreich bei einem Paris-Besuch Unterstützung zu, während Hunderte Menschen Abschied vom getöteten »Charlie Hebdo«-Chef Charb nahmen.

Die im Großraum Paris festgenommenen acht Männer und vier Frauen sollten zu einer »möglichen logistischen Unterstützung« der Attentäter verhört werden, hieß es. Sie stammen demnach aus dem Umfeld des Islamisten Amédy Coulibaly, der eine Polizistin und bei einer Geiselnahme in einem jüdischen Supermarkt in Paris vier weitere Menschen erschossen hatte. Agenturen/nd

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