Der DFB lässt die Frauen nicht mehr spielen

Weil der Verband stur den Empfehlungen der FIFA folgt, lässt er mit dem Hallenpokal der Fußballerinnen eine wichtige Veranstaltung sterben

Letztmals spielten die zwölf Teams der Frauenfußball-Bundesliga um den DFB-Hallenpokal. Weil der Verband trotz anderslautender Darstellungen das Ende beschlossen hat.

Es ist nicht leicht, mit Anna Felicitas Sarholz zu sprechen. Die Torhüterin von Turbine Potsdam ist umringt von Fans. Alle wollen ein Autogramm. Vollkommen nebensächlich dabei ist, dass die 22-Jährige beim DFB-Hallenpokal der Frauen mit ihrem Verein schon in der Vorrunde ausgeschieden ist - ohne Sieg in den drei Gruppenspielen. Für den Rekordsieger dieser Veranstaltung ist das ein mehr als enttäuschendes Ergebnis. Deshalb lässt Sarholz die Worte von Trainer Bernd Schröder lieber auch in der Kabine: »Dazu sage ich jetzt besser nichts.«

Für Sarholz und Turbine ist der Hallenpokal »eine erste Standortbestimmung im neuen Jahr«. Ein gutes Omen für die Bundesliga-Rückrunde war der Sonnabend in Magdeburg für den Tabellendritten also nicht. Aber das spielt in diesem Moment keine Rolle. Sarholz signiert weiter fröhlich Trikots, Schals und Programmhefte. »Es ist immer wieder schön hier, ein absoluter Höhepunkt«, antwortet sie nebenbei. Bei der nächsten Frage unterbricht sie dann doch. »Oh ja, das wäre wirklich sehr traurig, wenn es das Turnier nicht mehr geben sollte. Aber was soll man machen, wenn die FIFA es vorschreibt.«

Wie Anna Felicitas Sarholz sehen es in Magdeburg alle. Egal ob Spielerinnen, Betreuer oder Trainer: Wirklich jeder bedauert das Ende des Turniers nach 21 Jahren. Und jeder gibt dem Weltverband die Schuld. Kein Wunder, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte auch immer wieder begründet, dass die FIFA ab 2016 für alle offiziellen Hallenturniere die internationalen Futsal-Regeln vorschreibe. Das hieße: Kunststoffbelag statt Kunstrasen, kleinere Tore, andere Regeln, ein anderer Ball. »Das ist eine andere Sportart«, sagt Thomas Obliers in Magdeburg. Und ergänzt: »Das sage ich im Namen aller Bundesligatrainer.« Der Coach der Leverkusener Fußballerinnen ist der Sprecher aller zwölf Bundesligatrainer.

Obliers sollte in Magdeburg eigentlich bester Laune sein. Seine Spielerinnen gewannen als Außenseiter das Finale des DFB-Hallenpokals mit 1:0 gegen den VfL Wolfsburg. Aber auch er kann seine Enttäuschung nicht verbergen: »Wir alle haben uns immer für den Hallenpokal ausgesprochen und hätten sehr gern weitergemacht.« Aber sowohl die Bundesligatrainer als auch alle Manager der Klubs haben sich einstimmig gegen ein Futsal-Turnier ausgesprochen.

Auch beim DFB bedauert man das Aus für den Hallenpokal. Aber einerseits versucht der Verband, sich hinter FIFA-Vorgaben zu verstecken. Anderseits nutzt er die Ablehnung der Klubs gegen Futsal, um die Schuld für das Ende des Turniers an die Vereine weiterzureichen. Noch in der Woche vor dem Turnier verwies Hannelore Ratzeburg, DFB-Vizepräsidentin für Frauen- und Mädchenfußball, im Gespräch mit »nd« darauf, dass »der DFB als Mitgliedsverband den Regelungen der FIFA folgen« müsse. In Sachen Fußball in der Halle wollte der deutsche Verband den Empfehlungen des Weltverbandes folgen. »Wenn Hallenfußball, dann nach Futsal-Regeln«, so Ratzeburg.

Es ist schwer einzuschätzen, ob die FIFA Druck ausübt. Aber offiziell widerspricht der Weltverband der DFB-Darstellung komplett. »Wir haben den Verbänden in keiner Weise und zu keinem Zeitpunkt Forderungen oder Bedingungen gestellt, die Futsal-Regeln bei Hallenturnieren anzuwenden«, so eine FIFA-Sprecherin. Damit am Sonnabend in Magdeburg konfrontiert, weicht Hannelore Ratzeburg aus. Sie spricht lieber über die große Bedeutung, Futsal in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln.

Darin widerspricht der DFB-Vizepräsidentin niemand. Ihrer Ansicht, dass es unmöglich sei, den Hallenpokal in seiner bisherigen Form stattfinden zu lassen, aber schon. Ratzeburg spricht ein Machtwort: »Es gibt kein Zurück mehr.« Schade. Mit 4600 Zuschauern war das Turnier wieder ausverkauft. 96 Tore in 25 Spielen begeisterten die Fans ebenso wie ein kurzer Plausch oder ein Foto mit Nationalspielerinnen. Mit dem Hallenpokal verliert der Frauenfußball ein großes Stück seiner Stärke: die Nähe.

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