nd-aktuell.de / 21.01.2015 / Politik / Seite 2

Der Stachel des Dollar

Kuba will Schritt für Schritt zu einer Währung zurück

Martin Ling

Der Fahrplan für die Rückkehr zu nur einer Währung liegt in der Schublade. Kuba wird auf Sicht eines seiner Alleinstellungsmerkmale auf dem Planeten wieder verlieren: Es ist derzeit das einzige Land der Welt, dessen Zentralbank zwei Währungen drucken lässt. Nachdem am 26. Juli 1993 der Dollar als Zweitwährung legalisiert wurde, arbeitet die kubanische Zentralbank seit dem 1. 1. 1994 mit zwei unterschiedlichen Zahlungsmitteln: einem harten, dem an den US-Dollar gekoppelten Konvertiblen Peso (CUC) und einem weichen, dem Kubanischen Peso (CUP). Seit März 2005 ist das Verhältnis von CUC und CUP unverändert auf 1:24 (Verkauf von CUC) beziehungsweise 1:25 (Kauf von CUC) festgeschrieben.

Zwei Währungen in der Binnenökonomie sind ein Problem, das die Regierung in Havanna notgedrungen in Kauf zu nehmen bereit war, um der schweren Wirtschaftskrise nach dem Zerfall des Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe Anfang der neunziger Jahre zu begegnen. Zum Beispiel das Problem, dass die meisten Kubaner ihr Geld in lokalen Pesos verdienen. Damit entspricht ein übliches Monatsgehalt von 400 CUP weniger als 20 Dollar oder CUC, die paritätischen Wert besitzen.

Mit CUP bezahlen die Kubaner vor allem über das Bezugsheft Libreta die vom Staat stark subventionierten Lebensmittel, die etwa die Hälfte des Grundbedarfs einer Familie decken, ferner Einkäufe auf den privaten Bauernmärkten sowie Miete, Telefongebühren, Busfahrten und Ähnliches. Für fast alles andere - höherwertige Kleidung, Schuhe, Hygieneartikel, Speiseöl, Handygebühren und die meisten Industriewaren - müssen sie hingegen mit CUC bezahlen.

Die Beschäftigten im Tourismussektor haben legalen Zugang zu Devisen - und damit zu besseren Gütern und Dienstleistungen. So wandern viele Hochqualifizierte aus Bereichen mit niedriger Entlohnung dorthin ab - ein Problem für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung. Auch wenn ein Teil der Löhne inzwischen in CUC ausgezahlt wird, empfinden viele Kubaner ohne regelmäßigen Zugang zu Dollar oder CUC dies als Diskriminierung. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung erhält keine Überweisungen von im Ausland lebenden Verwandten. Die Einführung einer einzigen Währung steht deshalb seit Langem ganz oben auf der Liste der Forderungen, die die Bürger an ihre Regierung stellen. Der seit 2008 offiziell in die Fußstapfen seines Bruders Fidel getretene Präsident Raúl Castro hat dies von Beginn an in Aussicht gestellt. Inzwischen hat er sein Vorhaben konkretisiert.

Die Kluft zwischen Privilegierten und Normalverdienern möchte Kubas Regierung mit der angekündigten Rückkehr zu einem einheitlichen Währungssystem verringern, das auf den kubanischen Peso ausgerichtet ist. Ab Februar werden 200-, 500- und 1000-Peso-Scheine in Umlauf gebracht. Wann der Peso cubano den CUC dann wieder in die Geschichtsbücher befördern wird, steht noch nicht fest. Es ist eine Frage der Zeit.