nd-aktuell.de / 21.01.2015 / Kultur

#DLD15: Das Internet als Riesen-Pleite

In München warben junge Unternehmer um Investorengelder

Detlef Borchers
Junge Unternehmer präsentieren innovative Geschäftsmodelle. Investoren liefern die Gelder. Eigentlich sollte auf der »Digital Life Design«-Konferenz in München auch dieses Jahr nur darum gehen. Doch einer störte.

Digital Life Design (DLD) ist eine dieser Konferenzen, die junge Unternehmer mit Investoren zusammenbringt, die erfolgsversprechende Geschäftsmodelle suchen. Die Jungunternehmer zahlen nichts und dürfen in München ihre Ideen vortragen, die Investoren zahlen 2750 Euro und dürfen zweieinhalb Tage lang netzwerken und Talente angeln.

Ideen rund um Kunst, Lebensstil und Biotech werden auf der DLD verhandelt, doch meistens läuft es darauf hinaus, dass »das Internet« gepriesen wird. Im elften Jahr ihres Bestehens war das zunächst nicht anders: Am ersten Tag trat Travis Kalanick auf, der Chef des Taxi-Ersatzdienstes Uber, berüchtigt für seine rabiate Geschäftsmethoden. Den Zuhörern erzählte er, wie nachhaltig und umweltbewusst sein Dienst die Städte verändern wird und das man im nächsten Jahr in Europa 50.000 Arbeitsplätze schaffen werde.

Die Besänftigung verblüffte viele, nicht jedoch den Autor Andrew Keen, der Tags darauf in München auftrat: »Kalanick hat da seine Jesus-Klamotten angezogen und kompletten Unsinn erzählt«, donnerte der Mann, der das Internet in seinem Buch »Das digitale Debakel« als »Riesen-Scheiss-Pleite« bezeichnet. Den anwesenden Technikjournalisten empfahl Keen, in den nächsten Jahren genau hinzuschauen, ob Uber wirklich 50.000 neue Jobs schafft. »Sowas macht ihr ja nicht, das würde eure feuchten Technikträume stören.« Für Keen ist das Internet eine »verkommene Idee«, die es einer Handvoll »weißer Bubis« wie Travis Kalanick, Mark Zuckerberg (Facebook) und Larry Page (Google) gestattet, einen enormen Reichtum anzuhäufen, ohne der Gesellschaft den Rücken zu stärken. Sein Lieblingsbeispiel: Als Mark Zuckerberg sich eine Villa in Kalifornien kaufte, kaufte er die umliegenden Grundstücke und Häuser, um nicht von »Nachbarn« belästigt zu werden.

Keen stellte sich in München als rabiater Kritiker des Internet vor, der seinen Moderator nicht ausreden ließ und permanent mit der Frage provozierte, was es denn mit dem »arabischen Frühling« auf sich habe, mit dem Technomärchen, dass Smartphones und soziale Netzwerke die Veränderungen in Agypten, Tunesien oder Libyen bewirkt haben. Hier kann kann man sich das Video seines fulminanten Auftritts ansehen, der sicherlich der Höhepunkt des DLD 2015 war.