Mit voller Kraft zum Gruppensieg

Deutschlands Handballer schreiben in Katar fleißig an ihrem Wüstenmärchen

  • Christoph Stukenbrock, Doha
  • Lesedauer: 3 Min.

Steffen Weinhold hielt kurz inne, dann grinste er übers ganze Gesicht. »Es ist Winter, und es ist Wüste, aber das Märchen ist noch ein ganzes Stück weg«, sagte der gegen Dänemark erneut überragende Rückraumspieler, »dafür müssen wir noch ein paar Spiele gewinnen.« Nach dem imponierenden Auftritt gegen Vize-Weltmeister Dänemark (30:30) nimmt das Wüstenmärchen der deutschen Handballnationalmannschaft jedoch allmählich Konturen an - Erinnerungen an das goldene Wintermärchen vor acht Jahren im eigenen Land werden wach. Gegen den Panamerikameister Argentinien geht es für die Mannschaft von Bundestrainer Dagur Sigurdsson am Donnerstag um den Gruppensieg - und darum, sich eine perfekte Ausgangsposition für die K.o.-Spiele zu erarbeiten.

»Wenn uns das vorher jemand erzählt hätte, dann hätte man ihn wahrscheinlich eher in die Psychiatrie eingewiesen als dass man ihm geglaubt hätte«, sagte Verbandsvize Bob Hanning. Die imposante Bilanz von 5:1-Punkten sei zwar schön, aber kein Grund sich entspannt zurückzulehnen. Und so forderte der charismatische Delegationschef vor den abschließenden Vorrundenpartien gegen Argentinien und Außenseiter Saudi-Arabien (Samstag) zwei Siege: »Das muss unser Ziel sein.« Bereits ein Punkt reicht gegen die Argentinier, um vorzeitig das Achtelfinale zu erreichen. Auch Coach Sigurdsson warnte seine Spieler vor Selbstzufriedenheit. »Wir haben noch nichts gewonnen und dürfen deshalb jetzt nicht vom Gas gehen«, sagte der Isländer: »Wenn jeder fünf Prozent nachlässt, dann wird es schwer.« Es sei zu früh, um Kräfte zu schonen. Und so versprach der Isländer weitere 60 Minuten »Vollgas«.

Garant für den etwas überraschenden Höhenflug der deutschen Handballer ist Sigurdsson. Nach nur wenigen Monaten im Amt ist die Handschrift des 41-Jährigen, der das Team erst im Herbst übernommen hatte, unverkennbar. Mit ruhiger Hand und klaren Ansagen coachte er die neu formierte Mannschaft zu den Siegen gegen Polen (29:26) und Russland (27:26) - und trifft auch abseits des Feldes den richtigen Ton. »Er gibt jedem Spieler das Gefühl, dass er wichtig ist und gebraucht wird«, sagte Rechtsaußen Patrick Groetzki, der unter dem neuen Trainer genau wie Weinhold regelrecht aufblüht und bei den bisherigen WM-Partien zu den verlässlichen Säulen des deutschen Spiels gehörte.

Auch Hanning betonte: »Die Mannschaft kommt Schritt für Schritt besser in Tritt. Viele kleine Rädchen greifen ineinander. Man merkt, dass die Spieler Dagur zu 100 Prozent folgen.« Dies wird auch gegen Argentinien vonnöten sein, gelten die Südamerikaner doch als äußerst unangenehmer Gegner. Schon beim Remis zum Turnierauftakt gegen Dänemark (24:24) zeigte die Mannschaft um den flinken und torgefährlichen Spielmacher Diego Simonet, wie viel Potenzial in ihr steckt. »Das wird eine gefährliche Sache«, sagte Sigurdsson: »Sie spielen eine offensive Abwehr, die wir erstmal knacken müssen.«

Gelingt dies, würde die deutsche Mannschaft ihrem Traum vom Wüstenmärchen wieder ein kleines Stück näher kommen. »Noch brauchen wir davon nicht zu sprechen«, sagte Teammanager Oliver Roggisch mit erhobenem Zeigefinger, fügte dann allerdings zwinkernd hinzu: »Wenn wir im Halbfinale stehen würden, dann können wir darüber reden. Vorher wird mir so etwas nicht über die Lippen kommen.« SID/nd

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