Kanzlerin rüttelt am Mindestlohn

Dokumentationspflichten für Arbeitgeber sollen zurückgefahren werden

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.

Die öffentlichen Äußerungen der Kanzlerin gelten gemeinhin als wenig fesselnd. Doch einige Sätze ihrer Rede beim Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald am Dienstag ließen aufhorchen - bei Opposition und Gewerkschaften gar die Alarmglocken klingeln. So erklärte die Regierungschefin im Pluralis majestatis, mit dem zum Jahresanfang eingeführten Mindestlohn »wollen wir kleineren Unternehmen das Leben nicht zu einer dauerhaften bürokratischen Herausforderung machen«. Im gleichen Atemzug stellte sie Erleichterungen für Firmen in Aussicht. Man werde sich die Entwicklung der ersten drei Monate ansehen und dann überlegen, wie gegebenenfalls Bürokratie abgebaut werden könne, so die Kanzlerin.

Konkret geht es um eine Abschwächung der Dokumentationspflichten für Arbeitgeber. Einen entsprechenden Antrag will der Parlamentskreis Mittelstand (PKM) von CDU und CSU der Fraktion am 3. Februar vorlegen. Demnach sollen Unternehmen künftig für weniger Beschäftigte die exakte Arbeitszeit aufzeichnen müssen als bisher. Die derzeitige Verordnung aus dem SPD-geführten Bundesarbeitsministerium sieht vor, dass dies ab einem Monatsgehalt von 2958 Euro brutto geschehen muss. Das gilt für Minijobber ebenso wie für neun für Schwarzarbeit besonders anfällige Branchen, etwa das Bau- und Gaststättengewerbe. Laut PKM-Chef Christian von Stetten (CDU) solle die Erfassungsgrenze auf 1900 Euro gesenkt werden und für viele Minijobber ganz entfallen. Der PKM ist mächtig: Ihm gehören mehr als die Hälfte aller Unionsparlamentarier an.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gab sich am Mittwoch gelassen: »Das Gesetz ist seit drei Wochen in Kraft, da sehe ich überhaupt keine Notwendigkeit, es zu ändern.« LINKEN-Fraktionsvize Klaus Ernst warnte: Eine Aufweichung der Dokumentationspflicht bei Minijobs würde jenen Bereich treffen, »der am häufigsten von Missbrauch betroffen ist«. DGB-Vorstand Stefan Körzell unterstrich: »Mit Bürokratieabbau lässt sich in Deutschland fast alles rechtfertigen. Aber eine Einschränkung der Dokumentationspflicht wäre kein Abbau von Bürokratie, sondern ein Spiel mit dem Feuer«. Kommentar Seite 4

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