Wohnungskonzerne vor Megafusion

Gagfah-Aktionäre nehmen Übernahmeofferte der Deutschen Annington an

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Wohnungen werden in Deutschland immer teurer. Das liegt auch daran, dass ein Konzentrationsprozess begonnen hat.

An diesem Montag wird beim Übernahmeangebot des Wohnungsunternehmens Deutsche Annington für den Konkurrenten Gagfah die offizielle Annahmequote bekannt gegeben. Am Ende wurde es spannend: Einen Tag vor Schluss hatten weniger als 40 Prozent der Gagfah-Aktionäre die Offerte angenommen - die Mindestquote beträgt 57 Prozent. Für fast 3,9 Milliarden Euro will der Branchenführer die Nummer drei am deutschen Markt, Gagfah, schlucken. Durch die Megafusion soll ein Konzern mit einem Immobilienvermögen von 21 Milliarden Euro und etwa einer Million Mietern entstehen - nach Angaben von Annington der zweitgrößte in Europa nach der französisch-niederländischen Unibail-Rodamco.

Hierzulande ist der Immobiliensektor bisher noch vergleichsweise kleinteilig. Und auch an der Börse ist wenig zu holen. Lediglich im MDAX, dem Aktienindex mittelgroßer Firmen, finden sich Wohnungsgesellschaften. Investoren aus dem In- und Ausland tun sich daher schwer, in den deutschen Markt einzusteigen.

Allerdings ist in den letzten Jahren Bewegung in das Immobiliengeschäft gekommen. Die Flut an billigem Geld von den Zentralbanken, die Kapitalflucht aus Ländern wie Russland und überbordende Profite einiger Reicher in den Schwellenländern, dazu niedrige Zinssätze und die nach wie vor großen Unsicherheiten auf den Finanzmärkten haben Immobilien wieder stärker in den Fokus der Investoren aus aller Welt gerückt. Deutschland gilt zudem als sicherer Hafen. Neben den Klassikern wie Bürohochhäuser und Einkaufszentren wurden so auch Eigentums- und Mietwohnungen als Investment interessanter. »Zinshäuser« mit Mietern versprechen zwar keine Superrenditen, aber einen verlässlich sprudelnden Quell an Gewinnen.

Die Nummer eins und drei unter den deutschen Unternehmen, Annington und Gagfah, sind auf ähnliche Weise entstanden: Finanzinvestoren kauften Staats- und Werkswohnungen, per Kredit finanziert. Die Gagfah hatte unter dem Investor Fortress mit den Wohnungen der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte angefangen und besitzt heute rund 145 000 Mietwohnungen in Deutschland. Die in Düsseldorf ansässige Deutsche Annington bringt es auf rund 184 000 meist ehemalige Eisenbahner- und Werkswohnungen der Energiekonzerne E.on und RWE. Der Investor Terra Firma brachte das Unternehmen 2013 an die Börse, wo Gagfah schon seit 2006 notiert ist. Anfang Dezember machten beide Unternehmen ihre Fusionspläne bekannt. Annington finanziert die Übernahme auf Pump und hofft auf Kosteneinsparungen etwa beim Einkauf von Türen und Fenstern für die Modernisierung von Wohnungen. »Die Balkone werden billiger«, scherzte Annington-Chef Rolf Buch.

Der Deutsche Mieterbund bleibt einerseits gelassen: »Die Fusion wird keine beziehungsweise kaum Einfluss auf das einzelne Mietverhältnis haben«, sagte Geschäftsführer Ulrich Ropertz gegenüber »nd«. Andererseits sieht man mit Sorge, dass insbesondere im unteren und mittleren Preissegment »der Einfluss börsennotierter, renditeorientierter Investoren auf den deutschen Mietwohnungsmarkt immer größer wird«. Zudem spiele bei Annington/Gagfah der Neubau keine Rolle.

Kurz vor Angebotsschluss sprangen die Gagfah-Aktionäre doch auf den Übernahme-Zug auf: Fast 75 Prozent der Aktien wurden Annington angeboten. So steht dem Aufkauf nichts mehr im Wege. Die Fusion soll bis zum Sommer vollzogen werden.

Vor gut einem Jahr hatte Deutsche Wohnen die Branche mit der Übernahme der auf Berlin fokussierten GSW aufgemischt und stieg damit zur Nummer zwei in der Branche auf. Beobachter spekulieren bereits, ob Deutsche Wohnen mit einer weiteren Übernahme nachziehen wird.

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