Feuer und Flamme für Pegida

In Belgien und Frankreich bemühen sich rechte Gruppierungen um Adaption der islamfeindlichen Bewegung

  • Bernard Schmid, Paris
  • Lesedauer: 3 Min.
Während sich in Belgien bisher nur in Flandern Sympathisanten der islamfeindlichen Pegida-Bewegung organisieren, mobilisieren rechte Kräfte in Frankreich für eine Demonstration in der Hauptstadt.

Deutsches Bier, deutsche Daimler, deutscher Maschinenbau: Die deutsche Wirtschaft ist bekanntlich stark außenhandelsorientiert. Aber derzeit droht ein anderes deutsches Exportprodukt für Negativschlagzeilen zu sorgen: Der Markenname »Pegida« (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) findet in einigen europäischen Ländern Anhänger und Nachahmer. Imitatoren versuchen, die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Agitation in ihrem jeweiligen Land anzufachen.

Insgesamt markierten bis zum Wochenende über 7300 Nutzer des sozialen Netzwerks Facebook die belgische Webseite »Pegida Flandern« mit »Gefällt mir«. Sie betreibt die Gründung einer Bewegung unter dem Titel »Vlativa«, die niederländischsprachige Abkürzung für »Flamen gegen die Islamisierung des Abendlandes«. Bislang scheint allerdings fast nur der nördliche Landesteil Flandern von dem Phänomen berührt, der über starke rechte Traditionen verfügt - eine flämisch-nationalistische Rechtspartei, die N-VA, ist derzeit an der belgischen Bundesregierung beteiligt.

In Antwerpen, der einwohnerreichsten flämischen Stadt, wollte die Bewegung am Montag demonstrieren. Ihr Protestzug und eine angekündigte Gegenveranstaltung wurden jedoch vom Bürgermeister Bart de Wever - der der N-VA angehört - verboten. »Pegida Flandern« ist stark mit der rechtsextremen Vlaams Belang liiert, die mit der »salonfähigen« N-VA konkurriert. Die Facebook-Seite von »Pegida Wallonien«, der Bewegung im französischsprachigen Landesteil, hat deutlich weniger Anhänger.

In Frankreich, wo die extrem rechte Partei Front National bei den Wahlen zum Europäischen Parlament vergangenen Mai 25 Prozent der Stimmen erhielt und das derzeit noch steigern könnte, hält sich der FN bezüglich Pegida bislang bedeckt. Gehört es doch für Marine Le Pen seit ihrem Antritt als Parteichefin 2011 zur Strategie, jeden Anschein zu vermeiden, eine Radau- und Krawallpartei zu sein. Ihr europapolitischer Berater, Ludovic de Danne, erklärte gegenüber dem Radiosender Europe 1 lediglich, eine solche Bewegung könne »politische Parteien nicht ersetzen«. Feuer und Flamme für Pegida sind dagegen andere Kräfte in Frankreich, die seit Jahren in Konkurrenz zum FN stehen und die Partei beeinflussen. Am 18. Januar sollte in Paris eine Demonstration stattfinden, auf der auch Melanie Dittmer aus Bonn - früher im Jugendverband der NPD und Neonazi-Aktivistin, jetzt bei »Pro NRW«, immer noch Holocaust-Zweiflerin und inzwischen Vertreterin von Pegida - sprechen sollte.

Organisiert wurde das durch ein Kartell aus der wahnhaft islamfeindlichen Publikation Riposte Laïque (»Gegenwehr der Säkularisten«), dem außerparlamentarischen militant-rechtsextremen Bloc identitaire und der rechtsradikalen »Jüdischen Verteidigungsliga« (LDJ), ein Ableger der rassistischen Kach-Bewegung, die in den USA und Israel wegen Rechtsterrorismus verboten ist.

Die geplante Kundgebung wurde behördlich verboten. Doch statt ihrer hielten die Organisatoren eine zweieinhalbstündige »Pressekonferenz« ab, um ihre Inhalte ins Internet zu stellen. Auch internationale Gäste wie der helvetische SVP-Abgeordnete Jean-Luc Addor nahmen daran teil.

Bei diesem Anlass wurde die Gründung eines französischen Pegida-Ablegers als eigene Organisation angekündigt. Dessen Vorsitz soll Renaud Camus übernehmen. Der Schriftsteller wurde im April 2014 erstinstanzlich wegen »Rassenhetze« verurteilt. Zuvor war eines seiner Bücher vom Verleger Fayard wegen antijüdischer Passagen vom Markt genommen worden.

Camus wirft den Eliten ein Konzept des »grand remplacement« vor, eines geplanten und vorsätzlich betriebenen »großen Bevölkerungsaustausch« - Einheimische raus, Zuwanderer rein. Ein Vorwurf, der quer durch die Rechten aller Schattierungen übernommen wird. Auch auf den Front National übte er damit erheblichen Einfluss aus.

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