nd-aktuell.de / 29.01.2015 / Gesund leben / Seite 10

Die Hexe zielt genau

Im Sitzen verkümmern die Stabilisatoren der menschlichen Rückenmuskulatur und sie wird anfällig für falsche Bewegungen und Unterkühlung

Karoline Kallweit
Zieht es im Rücken heftig, lautet die Diagnose oft »Hexenschuss«. Die Schmerzen sind höllisch und angsteinflößend. Doch ein Hexenschuss ist meist ungefährlich.

Typische Symptome eines Hexenschusses sind starke Schmerzen im unteren Rücken sowie in der Lendenwirbelregion, die manchmal bis in die Oberschenkel und Leistengegend ausstrahlen. Dieser Bereich ist mit besonders vielen schmerzleitenden Nervenfasern ausgestattet. Schon geringfügige Auslöser können daher heftige Schmerzattacken verursachen. Als Reaktion darauf verspannen sich die Rückenmuskeln so stark, dass Betroffene keine normale Körperhaltung mehr einnehmen können. Ihr Rücken krümmt sich in eine gebückte Haltung. Das Aufrichten wird nahezu unmöglich.

Als Ursache für einen Hexenschuss wird oft ein eingeklemmter Nerv vermutet. Tatsächlich können aber verschiedene Übeltäter verantwortlich sein. Im schlimmsten Fall handelt es sich bei dem vermeintlichen Hexenschuss um einen Bandscheibenvorfall. In der Regel sind es jedoch verspannte Muskeln, die den Schmerz auslösen. Schuld daran ist vor allem unsere bewegungsarme Lebensweise.

Die Rückenmuskulatur ist ein Meisterwerk der Natur. Denn sie ist stabil und flexibel zugleich. Dafür sorgt ein System aus Mobilisatoren und Stabilisatoren. Doch sobald ein Teil ausfällt, kann dies weitreichende Folgen haben. So kommt es, dass durch ständiges Sitzen die Stabilisatoren verkümmern und der Körper quasi ein in den Notfallmodus schaltet: Die Mobilisatoren übernehmen ihre Aufgabe, obwohl sie für diese Ausdauerleistung eigentlich nicht geschaffen sind. Verspannungen sind die Folge.

Ruckartige und ungeschickte Bewegungen, falsche Belastung sowie Verkühlungen führen leicht zum Hexenschuss, wenn die Rückenmuskulatur unterentwickelt ist. Der Hexenschuss erhielt seinen Namen aufgrund seines plötzlichen Auftretens. Der Begriff geht zurück auf die mittelalterliche Vorstellung, dass Krankheiten den Menschen von übernatürlichen Wesen, wie Hexen oder Dämonen, zugefügt werden - zum Beispiel durch einen Pfeilschuss.

Meist verschwindet der Hexenschuss ebenso schnell, wie er auftauchte. Innerhalb weniger Tage bessern sich die Schmerzen. Mit einigen einfachen Maßnahmen lässt sich der Heilungsprozess sogar noch unterstützen. Es kommt dabei vor allem darauf an, möglichst schnell die Muskeln zu lockern. Betroffene sollten sich daher hinlegen und die Beine nach oben lagern. Wärme unterstützt die Lockerung zusätzlich und lindert den Schmerz. Heizkissen, Wärmepflaster oder Fango-Packungen können zusätzlich angewendet werden. Schmerzmittel helfen, den Kreislauf aus Schmerz, Schonhaltung und Verspannung zu durchbrechen. Allerdings sollte man rezeptfreie Tabletten maximal über zwei bis drei Tage in Folge einnehmen.

Trotz der starken Schmerzen sollten Hexenschuss-Geplagte nicht in eine Schonhaltung verfallen. Statt im Bett zu ruhen, ist es ratsam, weiter - wenn auch eingeschränkt - aktiv zu bleiben, damit die Muskeln bewegt und gelockert werden.

Halten die Schmerzen dennoch länger als drei Tage an, muss ein Arzt aufgesucht werden. Denn dann ist die Grenze der Selbstbehandlung erreicht. Taubheitsgefühl, Lähmungen und ein Ausstrahlen des Schmerzes in andere Körperteile, wie etwa die Beine, deuten auf schwerwiegendere Erkrankungen als einen Hexenschuss hin und sollten daher ebenfalls ärztlich untersucht werden.

Zur Vorbeugung von Hexenschüssen gilt es, die Rückenmuskulatur zu stärken. Dazu eignet sich eine Vielzahl von Sportarten - etwa Inlineskaten, Radfahren oder Walken aber auch asiatische Techniken wie Yoga oder Pilates.