Republikaner in frühem Bush-Fieber

Heftiges Gedrängel um Geldspender für die US-Präsidentschaftskandidatur 2016

  • Reiner Oschmann
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach zwei Niederlagen wollte Republikaner Romney erst nicht mehr für die US-Präsidentschaft kandidieren und dann doch wieder. Aber in der Partei scheint kein Platz mehr für ihn zu sein.

Die US-Republikaner sind dafür bekannt, sich frühzeitig für einen Prominenten als Präsidentschaftsanwärter zu erwärmen. Meist schaffte dieser Favorit des Apparats im internen Vorwahlkampf dann auch die Nominierung zum Kandidaten für das Finale gegen den Bewerber der Demokraten.

Diesmal ist bei den Republikanern vieles anders: Obwohl bis zur Wahl noch ein Jahr und neun Monate hin, steckt die »Grand Old Party« im frühen Fieber. Geschüttelt von Feindseligkeiten, die einem »Kriegszustand« (»Washington Post«) gleichen, suchen die Republikaner in einem politisch wie sozial mehr und mehr zerrissenen Land ihre Identität und Einigkeit im Kampf ums Weiße Haus, nachdem sie seit der jüngsten Wahl im November die Mehrheit im Repräsentantenhaus (243:178), Senat (52:43) und bei den Gouverneuren der Bundesstaaten (31:17) haben. Dies und der Umstand, dass Obamas Präsidentschaft von vielen Amerikanern, aus unterschiedlichen Gründen, als Enttäuschung gewertet wird, führt zu einem überdurchschnittlich großen Feld von Interessenten.

Am Wochenende ist die Unruhe in der Partei angefacht worden, weil einer der Promis, Mitt Romney, der sich bereits 2008 und 2012 um die Präsidentschaft beworben und für 2016 eine dritte Kandidatur erwogen hatte, überraschend verzichtete. Sein Rückzieher bedeutet Flurbereinigung im Lager des Partei-Establishments. Sie begünstigt den Ex-Gouverneur Floridas (1999-2007), John Ellis (»Jeb«) Bush, der einen noch bekannteren Namen trägt, gleichfalls zu kandidieren erwägt und ebenfalls dem Zentrum angehört. Jeb Bush, 61, ist der zweite Sohn von George Herbert Walker Bush, Präsident 1989-1993, sowie jüngerer Bruder von George Walker Bush (Präsident 2001-2009). Romneys Rückzug bedient die Sorge manches Parteistrategen, dass ein Verschleiß-Vorwahlkampf zwischen zwei Anwärtern aus dem Zentrum deren Chancen sowohl gegen die Ultrarechten (Tea Party) als auch im weiteren Verlauf gegen den Kandidaten der Demokraten schmälern würde.

Jeb Bush, der die University of Texas zu Lateinamerika-Fragen abschloss, sich wegen seiner Ehe mit einer gebürtigen Mexikanerin und mit seinen Spanischkenntnissen besser als andere Bewerber für das wachsende Wahlgewicht der Latinos gerüstet sieht, hat mit Romneys Ausstieg vor allem einen Etappensieg für die wichtigste aller Wahlkampfherausforderungen erzielt: die Geldbeschaffung. Bush hatte schon in den vergangenen Wochen so viele Großspender und erfahrene Leute aus Romneys Team 2012 wie möglich auf seine Seite zu bringen versucht. Dieser Prozess beschleunigt sich mit dem Verzicht. »Das ist für Jeb ein großer Tag«, sagte Brian Ballard, ein Lobbyist, der 2012 Romneys Spendenaktion in Florida organisierte und nun auf Bush setzt. »Vor Mitts Rückzug hatte Jeb 75 Prozent der Geldleute des Bundesstaates auf sich verpflichtet. Jetzt hat er die übrigen 25 Prozent im Sack«, so Ballard zur »Washington Post«.

Doch so wichtig die Geldfrage ist, sie ist nicht Bushs einzige Herausforderung. Dringlich steht für ihn die Notwendigkeit, den Parteiwählern, deren Stimmen er in den Primaries braucht, klar zu machen, was er will. Selbst für Republikaner verbinden sich mit dem Namen Bush heute neben Glanz auch Vorbehalt und Kritik.

Hinzu kommt, dass viele Republikaner eine neue Seite aufschlagen und für das Duell gegen die wieder erwartete Kandidatin der Demokraten Hillary Clinton (67) ein jüngeres Gesicht sehen wollen. Besonders viele von denen scharren bereits mit den Hufen. Ob die Gouverneure von Wisconsin und New Jersey, Scott Walker und Chris Christie, Bushs Ziehkind aus Floridaer Zeiten Senator Marco Rubio, Tea-Party-Favorit Ted Cruz (Senator für Texas) oder der libertäre Rand Paul, Arzt und Senator für Kentucky - sie und weitere Anwärter könnten zwar nicht mit dem Bekanntheitsgrad des Namen Bush konkurrieren, aber dem vorläufigen Spitzenreiter, der sich vor zwölf Jahren letztmals um ein Amt bewarb, sehr wohl ein Bein stellen.

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