Karstadt setzt den Rotstift an

Kaufhauskette will rund 2000 Arbeitsplätze streichen und mehr Rabatte von Lieferanten haben

  • Erich Reimann, Essen
  • Lesedauer: 3 Min.
Der neue Karstadt-Eigentümer René Benko will den Kaufhauskonzern sanieren. Bezahlen soll dafür vor allem die Belegschaft.

Bei Karstadt ist der Weihnachtsfrieden vorbei. Sechs Monate nachdem der Österreicher René Benko die angeschlagene Warenhauskette für nur einen Euro übernommen hat, wird immer deutlicher, wie der Investor das krisengeschüttelte Unternehmen wieder auf Kurs bringen will: mit Stellenabbau, schlechteren Arbeitsbedingungen, besseren Einkaufskonditionen und weniger Rabatten.

Zusätzlich zur angekündigten Schließung von sechs Standorten will die neue Führung unter Karstadt-Chef Stephan Fanderl rund 2000 Vollzeitstellen streichen. Das ist eigentlich schon seit Monaten bekannt. Doch erst jetzt wird klar, was dies konkret bedeuten dürfte. Gut jede zehnte Stelle in den Filialen und jede vierte in der Zentrale sollen nach Angaben des Betriebsrats in den kommenden Monaten dem Rotstift zum Opfer fallen.

Allein in den derzeit noch 83 Warenhäusern soll die Zahl der Stellen um 1271 auf 8170 reduziert werden, wie die »Süddeutsche Zeitung« und der »Nordbayerische Kurier« berichteten. Die Personalkosten sollen so um 64 Millionen auf 308 Millionen Euro sinken. Mehrere hundert weitere Stellen sind nach Gewerkschaftsangaben in der Essener Zentrale bedroht.

Doch selbst wer seine Stelle behält, soll nach dem Willen der Karstadt-Führung finanzielle Opfer bringen. Fanderl will etwa Einsparungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld durchsetzen. Außerdem plant die Karstadt-Führung der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zufolge, 1100 Mitarbeiter von Verkaufsberatern zu Regaleinräumern zu degradieren. Die Betroffenen sollten pro Monat 300 Euro weniger verdienen als bisher, berichtete ver.di. Karstadt-Sprecher Stefan Hartwig war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Für ver.di ist der geplante Personalabbau ein Irrweg: »Für ein erfolgreiches Warenhaus, das diesen Namen noch verdient, braucht man ausreichend Personal auf der Fläche. Daran darf nicht gesägt werden«, so eine ver.di-Sprecherin am Montag.

Doch die Personalkosten sind nicht die einzige Schraube, an der Karstadt derzeit dreht. So fordern Fanderl und sein Einkaufschef nach einem Bericht des Fachblattes »Textilwirtschaft« von den Lieferanten zusätzliche Rabatte. Allerdings sind die Preise nur ein Problem im Beschaffungswesen, glaubt Handelsexperte Thomas Roeb von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: »Karstadt muss im Einkauf künftig genauer den Kundengeschmack treffen, um nicht mehr soviel Ware mit Preisnachlässen in den Markt drücken zu müssen.« Nach Angaben von Finanzvorstand Miguel Müllenbach verzichtete Karstadt bereits im Weihnachtsgeschäft 2014 bewusst auf »ungesunde Umsätze« durch Rabatte und konnte so die Gewinnmarge um mehr als zwei Prozentpunkte erhöhen.

Auch bei der Kundenansprache hat der Konzern viel vor. Der neue Karstadt-Marketing-Chef Manfred Mandel hat als Ziel gesetzt, »die über sieben Millionen Kunden zurückzuholen, die Karstadt seit 2009 verloren hat«. Fragt sich nur, ob ein kräftiger Stellenabbau in den Filialen dazu die richtige Methode ist.

Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt glaubt das eher nicht. »Das wichtigste Thema ist die Kundschaft. Da dürfen wir nicht sparen«, meint er. Für Patzelt sind Benkos Umbaupläne bereits die vierte große Sanierungsrunde, die er bei Karstadt erlebt. Und er lässt keinen Zweifel daran, dass er nicht bereit ist, die von der Konzernführung geplanten Einschnitte so einfach hinzunehmen: »Wir werden hart verhandeln.« dpa/nd

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