nd-aktuell.de / 03.02.2015 / Brandenburg / Seite 13

Freihandel eher Chance als Gefahr

Wirtschaftsminister: CETA und TTIP dürfen EU- und deutsche Standards nicht abschwächen

Wilfried Neiße
Brandenburgs Wirtschaftsminister Albrecht Gerber erwartet vom Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada sowie den USA eher positive Effekte für märkische Unternehmen.

Ein mögliches Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) »kann für kanadische und europäische und damit auch für brandenburgische Unternehmen Erleichterungen bringen«. Diese Meinung vertrat Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) in seiner Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Michael Jungclaus.

Einheimische Firmen können Gerber zufolge »vom Zollabbau genauso profitieren wie von der Öffnung der kanadischen Beschaffungsmärkte«. Kanada sei ein wichtiges Abnehmerland für brandenburgische Exporte. Durch CETA würden mit Zöllen und Handelshemmnissen wie zum Beispiel abweichende Produktspezifizierungen wesentliche Hindernisse für die Exportwirtschaft beseitigt.

Bezogen auf das sich eventuell anschließende ähnliche Abkommen mit den USA (TTIP) wies Gerber auf eine »Reihe von Studien« hin, welche die Höhe des zusätzlichen gesamtwirtschaftlichen Wachstums in einem bestimmten Zeitraum prognostizieren. Da die Ergebnisse aber zum Teil stark voneinander abwichen, »sind sie in der öffentlichen Debatte umstritten«, räumte er ein.

Dem Minister zufolge tritt die Landesregierung in jedem Fall dafür ein, dass der Schutz von Lebensmitteln und Produkten mit Herkunftsbezeichnungen in der EU erhalten bleibt. Geprüft werden müssten Gerber zufolge das Kapitel zu vorgesehenen Investitionsschutzbestimmungen und Klagerechten von Investoren gegenüber Staaten, weiterhin potenzielle Auswirkungen auf bestehende und zukünftige Normen und Standards in Bereichen wie Sozial-, Umwelt-, Verbraucher-, Daten- und Gesundheitsschutz und Arbeitsrecht.

Im August vergangenen Jahres war den Mitgliedsstaaten der EU der Vertragstext für ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada übermittelt worden. Laut Fragesteller Jungclaus hat die Bundesregierung den Vertragsentwurf Bundestag und Bundesrat und damit also auch den Landesregierungen zur Stellungnahme »mit sehr engen Fristen übermittelt«. Er wies auf »wachsende Befürchtungen in den Parlamenten und der Zivilgesellschaft« hin, dass in diesen Abkommen wichtige Umwelt-, Verbrau- cher-, Sozial- und Datenschutzstandards abgesenkt werden könnten. »Zudem drohen die Einführung von Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren und damit die Gefahr, dass künftig durch Klagen von Unternehmen nationale Rechtssysteme unterlaufen werden«, so Jungclaus.

Minister Gerber machte darauf aufmerksam, dass sich seiner Meinung nach aus dem Abkommen selbst ergibt, dass staatliche Maßnahmen zum Schutz legitimer öffentlicher Interessen, wie zum Beispiel der Gesundheit, der Sicherheit und der Umwelt, ausdrücklich zulässig sind.

Das Verbot einer Finanztransaktionssteuer ergebe sich aus CETA nicht, und deren Einführung würde dadurch auch nicht erschwert, erklärte er. Weiterhin möglich seien auch Rekommunalisierungen von Dienstleistungen, betonte Gerber und berief sich dabei auf Angaben der EU-Kommission. Das gelte im gesamten Bereich der Daseinsvorsorge.

Angaben des Wirtschaftsministers zufolge finde derzeit die Rechtsförmlichkeitsprüfung des CETA-Verhandlungstextes durch die EU-Kommission statt. Diese werde voraussichtlich sieben bis acht Monate in Anspruch nehmen und frühestens im Frühjahr 2015 abgeschlossen sein. Danach werde das Abkommen in die 24 Amtssprachen der EU-Mitgliedsstaaten übersetzt, »was voraussichtlich sechs Monate dauern wird«. Abgeschlossen wird der Vorgang durch das Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament.