nd-aktuell.de / 03.02.2015 / Kultur / Seite 14

Paul Klee für Kinder

»Tausend Punkte treffen sich« derzeit im MACHmit! Museum

Volkmar Draeger

Schlafen, Schokolade oder auch Energie waren Themen bisheriger Ausstellungen im MACHmit! Museum. Auf unterschiedliche Weise haben sie Kinder angeregt, über ihre Umwelt und ihr Verhalten nachzudenken. Nun steht der Maler Paul Klee im Zentrum einer umfangreichen Schau. Ein Moderner, zumal ein eher abstrakter Künstler für Besucher zwischen 4 und 12 Jahren? Der Untertitel stimmt die jungen Gäste ein: »Tausend Punkte treffen sich«.

Zunächst aber treffen die Schulklassen auf den Maler. In der Einführungsecke sehen sie Fotos sowie den Nachbau eines Kasperletheaters, das Klee für seinen Sohn entworfen hatte. Was im Rahmen des kleinen Heimtheaters auftaucht und typisch für die Ikonographie des Malers ist - geometrische Formen - das können die Kinder gegenständlich erfahren und auch in die Hand nehmen. Auf Tabletts liegen, farbig gestaltet, als räumliche Versionen Würfel, Zylinder, Kuben, Winkel, Bögen und Brücken. Solchermaßen vorbereitet fordert die nächste Station zur Interpretation. Was junge Betrachter auf einem Großformat in Klees Reduktion erkannt haben, ist nachlesbar: Schatzkarte, heißer Sand, Elefant, Schlange, kreischende Möwen oder ein Minigolfplatz. In der Ecke gegenüber hängen, schnörkelig gerahmt, Klees Ahnen und blicken auf eine Geige, wie der kleine Paul sie gern und gut gespielt hat.

Damit beginnt die eigentliche Ausstellung zu Leben und Werk des Impressionisten. Die Ausstellung funktioniert aber nicht trocken lehrhaft, sondern in didaktisch geschickter, auch praktisch erfahrbarer Weise. Vom Geburtsjahr 1879 an geht es über die wesentlichen Lebensetappen bis zum Tod des gebürtigen Schweizers 1940 im Kanton Tessin. Bodentafeln erläutern, was er in der jeweiligen Altersphase erlebt und getan hat. Auf der Stellwand darüber erscheinen das zugehörige Kalenderjahr, bisweilen historische Reminiszenzen zur Zeit und der in diesem Lebensabschnitt entstandenen Arbeiten. Von den noch ganz in akademischer Manier gefertigten Studien zur Fußmuskulatur reicht das bis zum reifen, kreativen Alterswerk. Beinah 100 Zeichnungen und Gemälde sind in Repros zusammengetragen und dürfen - für Kinder wichtig - teils auch in die Hand genommen werden.

In diesem Sinn reagieren sie besonders begeistert auf die vom Berner Kindermuseum Creaviva zur Verfügung gestellte Spielstraße. An mehreren Flachtischen sollen die jugendlichen Museumsbesucher in eigenem Schöpfertum ausprobieren, was exemplarisch für Klees Formenkosmos steht. Über ein »Nagelbrett« kann man Bindfäden variabel spannen und dabei Linien erzeugen; farbige Glaskugeln oder Rundstäbe lassen sich ornamental legen. Punkt und Linie sind dann vereint als Stäbchen, die auf der Fläche geschwenkt werden können.

Bis dahin haben die kleinen Forscher manches zu Klees ebenfalls bewegtem Lebenslauf erfahren: von der ersten Einzelausstellung im Alter von 30 Jahren in Berlin; vom Kriegsdienst, wo er auf Flugzeugleinen malt; von seiner Lehre im Bauhaus bis zu dessen Schließung durch die Nazis; von Klees großer Präsentation im Museum of Modern Art New York bis zum 50. Geburtstag des Künstlers. Wenige Jahre später diffamieren ihn Hitlers »Sachverständige« und zeigen in der berüchtigten Hetzschau »Entartete Kunst« 1937 auch 17 Werke Klees. Kinder sollen auch damit konfrontiert werden.

Sie erfahren zudem einiges über Klees »Bildnerische Formenlehre« sowie sein »Pädagogisches Skizzenbuch«, vor allem aber sehen sie in farblich unterschiedenen Einzelkabinetten die Skizzen selbst, so beispielsweise einen Zyklus zu Engeln.

Am Ende des Rundgangs dürfen sie wieder selbst aktiv werden. Ein Tisch mit fixierten Schrauben lädt sie zur Verwandlung ein, indem sie Schrauben auf Muttern drehen und dabei eine leichte Variation schaffen. Die gesamte Rückwand des Raums soll bis zum Ende der Ausstellung als riesiges Gemälde umgestaltet werden. Wer will, kann ein kleines Quadrat mit eigener Farbmischung bemalen und dann aufkleben.

Alles bis dahin Erlernte zu Farbe und Form fließen hier zusammen. Das Obergeschoss dient ganz der künstlerischen Betätigung. Zum Thema Kreis wird an einem Werkstatttisch gemalt, am anderen entsteht mit nur einem ununterbrochenen Strich eine Zeichnung, am nächsten schnipselt man aus Stoffresten Farbkompositionen zusammen.

MACHmit! Museum, Senefelderstraße 5, 10437 Berlin, Tel.: (030) 74 77 82 00; www.machmitmuseum.de[1]

Links:

  1. http://www.machmitmuseum.de