Erste Hilfe für das Kieler Uni-Klinikum

Nach Keim-Todesfällen wird maroder Zustand publik

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.

Es bedurfte offenbar erst der jüngsten Keimepidemie am Kieler Standort des Universitäts-Klinikum Schleswig-Holstein (UKSH), damit die SPD-geführte Regierung in Kiel erkannte, dass es in der Einrichtung ein »Weiter so« nicht mehr geben kann. Den seit Jahren vorhandenen baulichen Defiziten soll nun endlich schneller beigekommen werden, nachdem Regierungen unterschiedlichster Couleur das Thema ausgesessen hatten.

Die Keim-Krise selbst scheint eingedämmt. Möglicherweise drei Patienten sind infolge einer Ansteckung mit dem gefährlichen, gegen Antibiotika multiresistenten Keim 4-MRGN verstorben. Neun weitere Patienten, die vom Keim befallen wurden, sind nach UKSH-Angaben ihren Vorerkrankungen erlegen. Zwei Intensivstationen sind derzeit noch geschlossen, etwas mehr als ein Dutzend Keim-Patienten sind noch in Behandlung beziehungsweise stehen noch unter Beobachtung.

Im Rahmen der Ursachensuche für den Keim-Alarm stieß man schnell auf die unzulängliche bauliche Situation auf dem Campus, wo Klinikgebäude noch aus dem 19. Jahrhundert stammen und unter Denkmalschutz stehen. Notfallpatienten liegen oft nur mit geringem Abstand durch eine mobile Vorhangwand voneinander getrennt, sanitäre Anlagen befinden sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Patientenbett. Auf der internistischen Intensivstation gibt es zu wenig isolierbare Einzelbettzimmer. Wie überhaupt die Aussage von UKSH-Chef Jens Scholz besorgniserregend ist, dass die Landeshauptstadt nicht ausreichend Plätze für medizinische Intensivfälle hat.

Der Investitionsstau am UKSH ist über viele Jahre so groß geworden, dass die Landesregierung sich nicht mehr in der Lage sah, ihn finanziell allein aus Mitteln der Landeskasse zu beheben. So setzt man auf ein Öffentlich-privates Partnerschaftsmodell, das Ende September 2014 mit einem Masterplanvertrag besiegelt wurde. Demnach erhält das Uni-Klinikum bis 2021 verschiedene Neubauten. Die Maßnahmen, die auch den Standort Lübeck mit einbeziehen, umfassen ein Kostenvolumen von 520 Millionen Euro, die zu 75 Prozent vom UKSH, also öffentlich getragen werden. Das mit einem Bieterkonsortium vereinbarte Finanzpaket geht über eine Laufzeit von 30 Jahren und beläuft sich auf 1,7 Milliarden Euro, beinhaltend Bau, Unterhalt und Instandhaltung.

Die Kieler SPD-Gesundheitsministerin Kristin Alheit hat nach dem Keim-Alarm aber auch sofortigen Handlungsbedarf erkannt. So bekommt das UKSH Kiel bis zum nächsten Jahr einen Containerkomplex in Modulbauweise, der bis zu zehn isolierbare Einzelzimmer enthalten wird. Kostenpunkt: Fünf Millionen Euro. Bis der Masterplan am Kieler UKSH greift, müssen für den akuten Brandschutz über 3,5 Millionen Euro investiert werden - ansonsten droht die Sperrung ganzer Gebäudeteile.

Doch der bauliche Notstand ist nicht nur ein Problem in Kiel sondern landesweit. Es fehlt hinten und vorn bei der Finanzierung. 70 Prozent des Kostenbudgets eines Krankenhauses liegen nach Aussage von Gesundheitsökonomen im Personalbereich. Genau dort besteht denn auch die größte Versuchung, Einsparungen vorzunehmen. Die Gewerkschaft ver.di warnt davor, die Ökonomisierung zu Lasten von Gesundheit und Hygiene zu betreiben. Entsprechende Entwicklungen wurden am UKSH anhand von Gefährdungsanzeigen des Personals aufgezeigt - auch wenn Klinik-Chef Scholz und SPD-Landesvorsitzender Ralf Stegner da widersprochen haben.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal