nd-aktuell.de / 05.02.2015 / Politik

In der Nea Dimokratia gärt es

Ex-Regierungspartei steht nach dem Sieh von SYRIZA vor der Spaltung

Anke Stefan
Die abgewählten griechischen Konservativen sägen am Stuhl von Ex-Ministerpräsident und Parteichef Samaras. In der Partei ist ein Flügelkampf entbrannt. Die siegreiche SYRIZA heizt die inneren Spannungen der einzigen ernstzunehmenden Oppositionspartei noch an.

Athen. Der Parteichef ist sich keiner Schuld bewusst: Er habe ein ruhiges Gewissen, weil er dem Volk bis zuletzt die Wahrheit gesagt habe, hatte Antonis Samaras noch in der Wahlnacht erklärt. »Ich habe ein Land am Rande der Katastrophe übernommen, von mir wurde verlangt, glühende Kohlen in den Händen zu halten«, gerierte sich der abgewählte Ministerpräsident als Märtyrer.

Die Nea Dimokratia habe sich gehalten, sagte Samaras weiter, obwohl sie unter unglaublich schwierigen Bedingungen habe kämpfen müssen. Gegenüber den Wahlen vom Sommer 2012 hatte die Partei am 25. Januar tatsächlich lediglich etwa 2 Prozent ihrer Wähler eingebüßt und war von 29,7 auf 27,8 Prozent gefallen. Schwerer wiegt der Abstand von 8,5 Prozentpunkten zur Wahlsiegerin SYRIZA.

Gegenwind in der eigenen Partei

Die Einstellung des Vorsitzenden teilen in der Partei nur wenige. Hohe Parteifunktionäre, aber auch 71 Prozent der Befragten in einer Umfrage lasten vor allem Samaras die Verantwortung für die gescheiterte Wahlkampagne an. Die Nea Dimokratia habe SYRIZA den Begriff »Hoffnung« überlassen, beklagte Panos Panagiotopoulos, ehemaliger Minister in der Regierung Samaras, während man selbst auf die Verbreitung von Furcht im Falle eines linken Wahlsieges gesetzt habe. Angst aber könne kein Kompass für eine Kommunikationsstrategie sein. Gleichzeitig bezeichnete Panagiotopoulos das Wahlergebnis als »ernsthafte Niederlage«, aus der Konsequenzen gezogen werden müssten.

Der Vorsitzende der Gewerkschaftsfraktion der Nea Dimokratia, Nikos Kioutsoukis, forderte in einem offenen Schreiben am Wochenanfang die Einberufung eines außerordentlichen Strategieparteitags und eine Neuwahl der Parteiführung. Mehr oder weniger direkt wurde der Rücktritt des gescheiterten Parteivorsitzenden auch von anderen hochrangigen Politikern wie Giannis Papathanasiou und Evangelos Antonaros gefordert. Beide gehören zum Lager von Kostas Karamanlis. Der vormalige Ministerpräsident war nach seiner eigenen Wahlniederlage gegen den Sozialdemokraten Giorgos Papandreou 2009 auch vom Parteivorsitz zurückgetreten. In den darauf folgenden Wahlen zur Parteiführung hatte sich Samaras gegen die von Karamanlis favorisierte Konkurrentin Dora Bakogianni durchgesetzt.

Partei macht Rechtsruck

Der selbst als Rechtsabweichler 1993 ausgetretene und erst 2004 zurückgekehrte Parteichef verpasste der Nea Dimokratia einen starken Rechtsruck. So koalierte die Partei 2011 im Kabinett Papademos mit der ultrarechten LAOS-Partei. Als diese die Koalition im Februar 2012 verließ, wechselten ihre Minister zur Nea Dimokratia. Die offen rechtsextremen Funktionäre Makis Voridis und Antonis Georgiadis wurden von Samaras erneut mit Ministerposten bedacht und spielen auch heute wichtige Rollen in der Parteihierarchie. Ein anderer Vertrauter des Parteichefs, Takis Baltakos, musste 2014 seinen Hut nehmen, nachdem bekannt geworden war, dass er als Verbindungsglied zwischen der Nea Dimokratia und der neofaschistischen Goldenen Morgendämmerung agiert hatte. Die Diskussion um Führung und Politik der Partei ist also auch als Machtkampf der Flügel von Samaras und Karamanlis zu verstehen.

SYRIZA heizt Machtkampf an

Letzterer könnte nun ausgerechnet vom politischen Gegner Unterstützung erhalten. Denn es ist zwar noch nicht offiziell, aber äußerst wahrscheinlich, dass SYRIZA den amtierenden griechischen EU-Kommissar und Nea-Dimokratia-Politiker Dimitris Avramopoulos als eigenen Kandidaten für das Amt des Staatspräsidenten nominieren wird. Dem engen Vertrauten von Karamanlis wird man in der Nea Dimokratia wohl kaum die Stimme verweigern. Samaras selbst ließ bereits durchblicken, in dem Fall seinen eigenen Kandidaten Stavros Dimas zurückziehen zu wollen.