Tischtennis mit Köpfchen

Jan Fischer liebäugelt schon mit Top 30 der Headis-Weltrangliste

  • Lesedauer: 4 Min.

Eine echte Schnapsidee, beim Tischtennis die Schläger wegzulassen und als Ersatz dafür den Kopf einzusetzen!

Okay, ein bisschen Quatsch ist schon dabei, oder? Aber erstens ist das ein Quatsch, der Spaß macht, und zweitens hat die Entstehung von Headis einen ulkigen Hintergrund. René Wegner, damals 2006 noch Sportstudent, und seine Freunde hatten eigentlich Fußball spielen wollen, doch der Platz im Freibad war permanent belegt. Frei waren stattdessen die Tischtennisplatten. Und, Sie ahnen es: Wegner schlug spontan vor, »hey, wir spielen Fußball per Kopf an der Platte!« Inzwischen ist Headis dermaßen bekannt, dass es der Sport sogar schon mehrfach ins Fernsehen geschafft hat. Unter anderem auch bei »Schlag den Raab«.

Demnach war eigentlich die Liebe zum Fußball der Geburtsgrund?

Ja, aber übrig geblieben ist nur die Kopfballarbeit. Ansonsten weist Headis viele Züge vom Tischtennis auf, schauen Sie sich an, wie Aufschläge ausgeführt und Bälle retourniert werden.

Aber Sie nehmen keine Tischtennisbälle.

Das würde kaum funktionieren, die sind natürlich zu klein! Unsere Bälle sind größer, in etwa vergleichbar mit einem Damenhandball.

Die Regeln zwingen also zu permanentem Kopfballspiel. Und das geht auf Dauer nicht doch zu sehr auf die Birne?

Im Headis ist das ausgeschlossen. Unsere Bälle sind aus Schaumstoff, wiegen nicht einmal 100 Gramm. Beim Match spürst du entsprechend jeweils nur einen minimalen Kontakt. Das ist nicht einmal im Ansatz das, was in die Nähe einer Schmerzempfindung kommen könnte.

Klingt beruhigend. Allerdings müssen die Spieler, wenn sie die Bälle mit dem Kopf erwischen wollen, ihren Schädel notwendigerweise recht schnell Richtung Tischtennisplatte bewegen, wo schließlich die Bälle herumhüpfen. Wie oft knallt denn da jemand mit der Omme auf die Platte?

Bisher habe ich das nur einmal erlebt. Schließlich ist ein derartiger Aufprall äußerst unwahrscheinlich. Denn du darfst mit den Händen die Platte berühren, und als Folge kriegst du in Kombination mit deinen Augen, die den Flug des Balls verfolgen, ein ziemlich sicheres Gefühl dafür, wie groß die Abstände zwischen Ball, Kopf und Platte tatsächlich sind.

Hört sich dennoch nicht wirklich simpel an.

Selbst für Neueinsteiger ist das aber kein echtes Problem. Jedes Kind, das auf die eine oder andere Art draußen mit Bällen gespielt hat, weiß, wie das Ding springt. Folgerichtig kannst du Headis super schnell lernen. Allerdings brauchst du Nervenstärke, wenn du im Match punkten willst, das ist das Wichtigste, weil das ein Zweierduell ist.

Im Eifer des Gefechts rutschen Sie mit dem Oberkörper auch mal auf die Platte, das konnten wir gerade öfters beobachten. Die Regeln lassen auch das zu?

Richtig! Und Sie dürfen außerdem mit den Füßen raufspringen, und wenn man während eines Turniers hoch genug führt nach Punkten, wird das gerne mal gemacht, um den Gegner zu juxen.

Die Kanten des Spieltisches bleiben letztendlich dennoch hart. Irgendwelche Hüftknochenschützer oder gar Suspensorien gehören aber nicht zur Ausrüstung?

Nein. Abgesehen davon werden die Tischkanten bei Turnieren mit Schaumstoff abgepolstert.

Trotz Schaumstoff bleibt ein etwas mulmiges Gefühl. Verleidet das nicht die Freude am Spiel?

Überhaupt nicht! Headis hat einen hohen Spaßfaktor. Selbst bei Turnieren läuft Musik während der Matches, da steht immer ein DJ am Pult. Und abends wird Party gemacht, und du lernst ständig nette Menschen kennen. Pro Wettkampf wächst mein Freundeskreis um mindestens zehn neue Leute.

Headis scheint inzwischen auch für den Profisport interessant zu werden. Wie zu hören, soll der Fußballbundesligist Hannover 96 auf seinem Trainingsgelände eine Spielmöglichkeit für Headis eingerichtet haben.

Für das Training von präzisem Kopfballspiel kann Headis bestimmt nicht schaden. Außerdem beweisen sportwissenschaftliche Untersuchungen, dass der positive Effekt von Headis für die Kondition nachhaltiger ist als beim Tischtennis und an das physisch weit anspruchsvollere Badminton heranreicht.

Trotz des englisch klingenden Namens ist Headis »Made in Germany«. Sind Turniere dann rein innerdeutsche Veranstaltungen?

Inzwischen nicht mehr. Auch in Spanien und Frankreich, in Belgien, England und Tschechien wird gespielt. Längst gibt es auch Weltmeisterschaften, die jüngste war im August 2014 in Kaiserslautern. Und zwar symbolträchtig im Fritz-Walter-Stadion. Mich persönlich hat der Headis vor einem Jahr gepackt. Jetzt fahre ich fast jeden Monat zu einem Turnier. Auf der Weltrangliste rangiere ich momentan auf Platz 70, aber ich hoffe, dass ich 2015 den Sprung in die Top 30 schaffe.

Headis in Hamburg: Infos unter hsp-hh.sport.uni-hamburg.de/angebote/aktueller_zeitraum/_Headis.html; Infos zu Turnieren im Headis: headis.de/headis-cup.html

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