Bouffiers Stuhl wackelt

AKW-Klage: Vorwürfe gegen Hessens Regierungschef

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Es wird immer wahrscheinlicher, dass der Bund und Hessen den Atomkonzernen den Weg zu Millionenklagen geebnet haben.

In der Debatte um ein »Gefälligkeitsschreiben« von Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) an Ex-RWE-Chef Jürgen Großmann sieht sich die Opposition durch einen Bericht des ARD-Magazins »Monitor« bestätigt. Sie argwöhnt, dass Bouffier gezielt dem Betreiber des 2011 stillgelegten AKW Biblis zu einer Schadensersatzklage in dreistelliger Millionenhöhe verholfen habe. Dafür spreche, dass der Brief von 2011 in der RWE-Klageschrift an den Hessischen Verwaltungsgerichtshof als Grund für eine Forderung an das Land in Höhe von 235 Millionen Euro aufgeführt wird.

»Monitor« hatte am Donnerstag im Zusammenhang mit der nach der Katastrophe im japanischen Fuku-shima verfügten Stilllegung deutscher Atomkraftwerke über »beispiellose Absprachen zwischen Spitzenpolitik und Atomkonzernen, kaltgestellte Fachabteilungen in Ministerien, ignorierte Warnungen und vernichtete Akten« berichtet. Die Vorgänge könnten RWE, E.on und EnBW 882 Millionen Euro Steuergelder bescheren. Mit Gerald Hennenhöfer habe 2011 ein der Atomindustrie nahestehender Jurist als Leiter der Abteilung Reaktorsicherheit im CDU-geführten Bundesumweltministerium fungiert, der vorrangig an Wirtschaftsinteressen gedacht habe. Die von ihm verfasste rechtlich unzulängliche Begründung für die Stilllegung spiele den Konzernen bei ihren Klagen in die Hände, so der »Monitor«-Vorwurf.

Im Bund und in Hessen seien Warnungen vor lückenhaften Formulierungen in den Wind geschlagen worden. So habe die damalige hessische Umwelt- und heutige Europaministerin Lucia Puttrich (CDU) »erhebliche Bedenken« aus ihrem Hause und dem Justizministerium sowie Hinweise auf die »Vermeidung einer etwaigen Schadenersatzpflicht« missachtet. In Absprache mit ihr sei ein Papier »zur Kenntnis genommen und weggeworfen« worden, so ein Insider. Maßgeblich sei Bouffier beteiligt gewesen.

SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel attestiert ihm eine »Kumpanei« mit der Industrie. Nach Ansicht von René Rock (FDP) könnte die RWE-Klage die Regierung erschüttern. Bislang stellt sich der grüne Koalitionspartner hinter Bouffier. »Sollten die Konzerne Recht bekommen und sich vom Steuerzahler den Atomausstieg mit hunderten Millionen Euro versilbern lassen, muss das persönliche Konsequenzen« haben, deutet Janine Wissler (LINKE) eine Rücktrittsforderung an Bouffier an. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse im Biblis-Untersuchungsausschuss aussagen.

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