Monatelang stritt die Politik über das Konzept hinter verschlossenen Türen. An diesem Dienstag legte Sportsenator Frank Henkel (CDU) im Senat nun das lang erwartete »Bäderkonzept 2025« vor. »Es ist mir wichtig, vor einer Reform der Berliner Bäderstruktur einen gesellschaftlichen Konsens herzustellen«, erklärte Henkel. Das ohne weitere Debatte am Dienstag im Senat beschlossene Konzept soll jetzt im Abgeordnetenhaus weiter beraten werden. Vom Ergebnis dieser öffentlichen Diskussion werde es abhängen, welche »konkreten Maßnahmen« umgesetzt werden und für den nächsten Doppelhaushalt zu berücksichtigen sind. Soll heißen: Henkels Vorschlag zur Bäderzukunft kann offenbar noch modifiziert werden.
Nach dem am Dienstag vorgelegten Vorschlag soll eine »stärker nutzerorientierte Bäderstruktur« geschaffen sowie der Neubau neuer Schwimmbäder geprüft werden. Standortschließungen der teilweise sehr maroden Schwimmhallen sind nicht vorgesehen, sehr wohl aber die Ausgliederung der Badeaufsicht auf Ehrenamtliche. Zudem könnten verschiedene Bäder nur dem Schul- und Vereinssport vorbehalten sein.
Kern des Bäderkonzeptes sind zwei Pilotprojekte in Mariendorf (Ankogelweg) und Pankow (Wolfshagener Straße), wo für 32,5 beziehungsweise 27,5 Millionen Euro sogenannte »365-Tage-Multifunktionsbäder« entstehen sollen. Durch sie sollen »die Vorteile von Neubauten« aufgezeigt werden. Die Investitionskosten können die klammen Berliner Bäder-Betriebe (BBB) durch Mittel aus dem Sondervermögen »Infrastruktur der Wachsenden Stadt« (SIWA) stemmen, die das Land Berlin aufgrund seiner Haushaltsüberschüsse für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung stellt. Inwiefern der Spagat zwischen ortsnahem Versorgungsauftrag und Sozialverträglichkeit der Eintrittspreise auf der einen sowie Erhöhung der Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite gelingt, wird sich zeigen. Nach der Veränderung und teilweisen Erhöhung des Eintrittssystems meiden immer mehr Berliner die Schwimmhallen - allein im vergangenen Jahr verzeichneten die Bäderbetriebe 500 000 Besucher weniger, obwohl 2014 eines der wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung war.
Mit den Neubauten, die vor allem freizeitorientiertes Spaßbaden vorsehen, hat der Senat auch die Zukunftsvorstellungen des umstrittenen Bäderchefs Ole Bested Hensing übernommen. Dass dadurch die Besucherzahlen steigen werden, glauben die Personalvertreter von ver.di nicht. »Laut Papier wird sich der Umsatz versiebenfachen«, sagt Gewerkschaftssekretär Dieter Korte. Das seien Überlegungen, für die er keine Grundlage sehe. Auch die Auslagerung trotz rechtlicher Bedenken ganzer Bäder an Vereine, kritisiert ver.di, weil dabei sowohl »schlechte Erfahrungen« ignoriert als auch »normale Bürger« ausgesperrt werden. Bereits heute haben Bäder immer wieder wegen Personalmangels geschlossen. Die Lage zwischen den Beschäftigten und dem Vorstand des landeseigenen Unternehmens ist angespannt.
Bei der Opposition im Abgeordnetenhaus stießen die Ankündigungen zum Bäderkonzept auf ein gemischtes Echo. Die Grünen erkennen in der deutlichen »Fokussierung auf Freizeit-Bäder« im ersten Moment ein »schlüssiges« Konzept, weil auch private Anbieter in diesem Bereich erfolgreich sind.
Auch die Linksfraktion kann Henkels Vorschlag durchaus etwas Gutes abgewinnen: nämlich, dass darin eine Schließung von Bädern ausgeschlossen wird. Viele wichtige Fragen bleiben jedoch aus Sicht der Sozialisten offen. »Bezüglich der Eintrittspreise, die für viele nicht mehr bezahlbar sind, muss der Senat dringend aktiv werden«, sagt die sportpolitische Sprecherin der LINKEN, Gabriele Hiller. Es fehle außerdem ein Bekenntnis des Senats, dass Bäder Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge sind. Völlig ungeklärt sei überdies, wie der Senat die regionalen Versorgungsunterschiede und den Sanierungsstau beseitigen will.
Nur für die Instandhaltung, das heißt dafür dass Schwimmhallen wegen Mängeln nicht geschlossen werden müssen, sind laut des Bäderbetriebe-Sprechers Matthias Oloew 93 Millionen Euro nötig. Für eine zeitgemäße Modernisierung der Schwimmhallen und Sommerbäder wären es sogar 300 Millionen Euro.
Quelle: https://www.nd-aktuell.de/artikel/961417.senat-beschliesst-baederkonzept.html