Dialektik der Pappnase

Velten Schäfer über neuartige Taktiken des Klassenkampfs

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 1 Min.

Ein gelinde überstrapaziertes Zitat besagt, in Deutschland könne die Revolution nicht stattfinden, weil sich Revolutionäre Bahnsteigkarten kauften, bevor sie einen Zug stürmten. Auch die Grünanlagen vor Regierungsgebäuden wurden als entscheidende Bastionen der Bourgeoisie erkannt, da deutsche Aufrührer nie unbefugt einen Rasen beträten.

Dass die IG Metall nun ihre machtvolle Streikbewegung aussetzt, weil Teile der Republik von Fasching und Karneval befallen sind, weist indes nur oberflächlich in diese Richtung. Tatsächlich handelt es sich um eine dialektische Umsetzung der These von der relativen Verelendung.

Ist nämlich der Werktätige unter einem Regime, das nicht einmal den Rosenmontag freigibt, gezwungen, sein Grundbedürfnis nach Pappnasen mit dem Kapitalgesetz übereinzubringen, begreift noch der Letzte, wozu ein Betriebsrat taugt: Als Fragen der »Ordnung im Betrieb« sind das Schunkeln, Bonbonwürfe sowie Clownsriechorgane am Arbeitsplatz nämlich, wie Gewerkschafter nun listig erklären, »mitbestimmungspflichtig« - und ohne Arbeitnehmervertretung »eigenmächtig« vom Kapital zu regeln!

Unzweifelhaft wird der Metallorganisationsgrad demnächst die angepeilte 250-Prozent-Marke übertreffen. Und dann wird der allgemeine Frohsinn nicht nur Grundrecht, sondern sogar Bürgerpflicht.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal