Sehr kalt - Heim voll? Nicht überall.

Umfrage in Thüringer Obdachlosenheimen

  • Claudia Götze, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei Frostgraden im Freien schlafen zu müssen, ist kein angenehmer Gedanke. Obdachlose in Thüringen müssen jedoch nicht befürchten, ohne ein Nachtquartier zu bleiben. Fast überall gibt es noch freie Plätze. »Selbst wenn es noch kälter wird, reichen unsere 35 Betten aus«, sagte etwa die Leiterin von Haus »Zuflucht« bei der evangelischen Stadtmission Erfurt, Silvia Voigt. Derzeit seien nicht mehr als 20 Betten belegt. Das sei auch manchmal im Sommer so. »Wir hatten auch schon im Juli ein volles Haus.« Wie in der Landeshauptstadt gibt es auch in anderen Thüringer Kommunen noch genug Platz für Menschen ohne festen Wohnsitz, ergab eine dpa-Umfrage unter acht Kommunen und Einrichtungen. Insgesamt stehen hier mehr als 120 Plätze bereit.

Auch in Altenburg, Jena und Gera muss kein Obdachloser ohne Dach überm Kopf bleiben. Die Belegungsstärke habe selten etwas mit dem aktuellen Wetter zu tun, teilte die Mehrzahl der befragten Kommunen mit. Ausgebucht waren zwischenzeitlich nur die Unterkünfte in Mühlhausen und Eisenach. »Auch in diesem Jahr ist in den Wintermonaten eine erhöhte Nachfrage zu verzeichnen«, hieß es dagegen im Geraer Rathaus. Von den 35 Plätzen dort seien derzeit 33 belegt. In beiden Obdachlosenunterkünften könnten im Notfall Aufbettungen vorgenommen werden.

In Weimar ist das Übernachtungsheim zu 75 Prozent ausgelastet. »Im Fall massiver Nachfrage kann die Aufnahmekapazität durchaus auch noch erhöht werden«, sagte Stadtsprecher Ralf Finke. Momentan sei in jedem Zimmer nur eine Person einquartiert. In Mühlhausen waren in den vergangenen Wochen alle vier Schlafplätze mehrmals und mit wechselnden Gästen ausgebucht. »Derzeit ist ein Bett frei«, meldete Stadtsprecher Christian Fröhlich.

Auch im südthüringischen Suhl haben abends nicht mehr Menschen an der Obdachlosenherberge für eines der 20 Betten angeklopft. Zudem stehen acht Einraumwohnungen zur Verfügung. Die Notunterkunft der Stadt Gotha hat vier Schlafmöglichkeiten. Seit Öffnung Anfang Dezember wollte jedoch noch niemand dort vor der nächtlichen Kälte Zuflucht suchen. Die Stadt hält daher die angebotenen vier Plätze für ausreichend. Auch in Jena gibt es bislang keine witterungsbedingte stärkere Nachfrage, sagt eine Stadtsprecherin. In der Unterkunft »Am Steiger« gebe es drei Zimmer mit zehn Schlafplätzen. Drei davon seien derzeit belegt.

»In Eisenach sind die zwölf Plätze in der Obdachlosenunterkunft ausgelastet«, informierte Stadtsprecherin Petra Lürtzing. Abgewiesen werde niemand. »Die Situation kann sich natürlich jederzeit ändern.«

Altenburg verzeichnet eine gewachsene Nachfrage nach Schlafplätzen. »Ob das unmittelbar auf die Kälte zurückzuführen ist, weiß ich nicht«, erklärte Stadtsprecher Christian Bettels. Erfahrungsgemäß gebe es keine Gesetzmäßigkeit nach dem Motto »Sehr kalt, Heim voll«. Vielmehr registriere die Stadt auch im Sommer mitunter eine starke Nachfrage. Derzeit sind einige der 14 Betten noch frei.

In Nordhausen haben ortsfremde Obdachsuchende Pech. »Es gibt seit 2011 keine Obdachlosenunterkunft mehr«, sagt Stadtsprecherin Ilona Bergmann. »Wir nehmen ausschließlich unsere Aufgabe nach Ordnungsbehördengesetz wahr.« Das bedeute, dass über den Sozialen Dienst Lösungen für obdachlose oder von Obdachlosigkeit bedrohte Nordhäuser gefunden und dafür zuständige Behörden sowie Vermieter eingeschaltet werden. dpa/nd

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